1. Sozialprofil
Es zeigt sich eine hohe Vielfalt der Mitarbeitenden. Sie zeigt sich in ihren privaten Lebensformen, aber auch in den religiösen Zugehörigkeiten. Ein Teil ist katholisch oder geht sonntags in die Kirche, einige leben privat anders, als es die offizielle Kirche erwartet.
2. Kirchlichkeitsprofil
Die Kirchenbindung ist enger als unter den katholischen Kirchenmitgliedern in Westdeutschland insgesamt, doch wird sie von Generation zu Generation schwächer. Aber aus der Kirche auszutreten, käme der Mehrheit auch von ihnen nicht in den Sinn: Nicht nur aus taktischen Gründen, um den Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Einerseits übersteigt ihre Spiritualität die Grenzen hierarchischer Ordnungen und ihrer eigenen Konfession. Andererseits suchen sie eine Spiritualität nicht in markanter Abgrenzung gegen Kirche und Christentum, sondern mit ihr und mit ihm.
3. Christlichkeitsprofil
Dem Christentum gegenüber sind die Befragten deutlich positiver eingestellt als der kirchlichen Institution. Es ist für sie (69%) Fundament ihres persönlichen Wertesystems, allerdings nicht in einem fundamentalistischen Sinn. Die Befragten sind offen für andere Religionen, d. h. sie haben kein exklusives, sondern ein inklusives Religionsverständnis. Mit den christlichen Gottes-, Jesus- und Jenseitsvorstellungen tun sich allerdings viele umso schwerer, je jünger sie sind. Dass es so etwas wie eine ‚höhere Macht‘ gibt, glaubt allerdings auch die Mehrheit der Jüngeren. Dieser Glaube lässt Kommunikation auch über die Unterschiede spiritueller Orientierungen hinweg zu. Es ermöglicht, für sich selbst auch an nicht-christlichen religiösen Traditionen Anschluss zu finden.
4. Religiositätprofil
Die meisten Befragten halten sich für ‚religiös‘ (71%), unterdurchschnittliche Werte zeigen wieder die Jüngeren. Aber selbst bei diesen ist das Gebet als eine der wichtigsten religiösen Praktiken nicht verstummt. Man betet sogar für seine Kolleginnen und Kollegen. Unter den Befragten wird mehr gebetet als meditiert – wann und wie lässt man sich nicht vorschreiben. Auch hier führt das Individuum Regie, nicht die Institution. Dies gilt auch für die Sinnstiftung des Lebens, für die sich jede(r) selbst verantwortlich erklärt: „Jeder Mensch soll seine eigenen Antworten auf die Sinnfragen und religiösen Fragen des Lebens finden“, sagen fast alle (93%). Dass man sich dabei auch an anderen Religionen orientiert und vielleicht sogar ‚Abstecher‘ in alternative spirituelle Welten macht, Vorstellungen von dort mitbringt und mit dem Christlichen vermischt, erhöht die spirituelle Vielfalt unter den Befragten.
5. Spiritualitätsprofil
70,9 Prozent glauben daran, dass „es ein Geheimnis über oder hinter meinem alltäglichen Leben“ gibt. Das ist einer der Spitzenwerte der Würzburg-Studie, der als Konsensformel unter den Befragten bezeichnet werden kann, weil er quer durch alle Altersklassen mehrheitsfähig ist. Auch andere Aussagen stehen für einen Anspruch auf spirituelle Eigenkompetenz, auf Autonomie- oder Diskriminierungsschutz des Individuums und seine spirituelle Selbstermächtigung. Auch unter den Mitarbeitenden der Caritas scheint „ein neuer, hochgradig individualisierter ‚religiöser Menschentypus‘ zu entstehen, der sich den dogmatischen Lehrsätzen und Machtansprüchen der Kirchenleitungen und der Universitätstheologie ‚stillschweigend‘, aber immer mehr entzieht, um seine eigenen religiösen und spirituellen Bedürfnisse in eigener Verantwortung, aufgrund sich selbst zugesprochener Kompetenz und auf je individuelle Art zu befriedigen.“
6. Caritasprofil
Obwohl es für die Mehrheit der Befragten von hohem Wert ist, bei der Caritas zu arbeiten, scheiden sich die Geister, wenn es darum geht, die Berufstätigkeit bei der Caritas als ‚praktizierte Religionsausübung‘ zu verstehen. Auch unter denjenigen, die sich für sehr spirituell, religiös oder kirchlich halten, ist diese Deutung umstritten. Je älter sie sind, umso eher ist für sie persönlich ihr Glaube ein beruflicher Rückhalt. Für die Mitarbeitenden der Altenhilfe, der Gesundheitshilfe und der Familienhilfe gilt dies ganz besonders. Wenn es darum geht, das Caritasprofil auszubauen, wünschen sich viele nicht nur einen Rückzugsraum der Stille. Ganz oben auf der Liste steht die Option, mehr Zeit für den Dienst am Menschen zu haben, um sowohl fachlich als auch menschlich besser auf ihre Erwartungen einzugehen, also dem Sinn von ‚Caritas‘ gerecht zu werden. Der Ausbau dieser „Interaktionsqualität“ scheint einer der Schlüssel für die Profilierung der Caritas zu sein. Ein weiterer Schlüssel ist der Wunsch nach mehr Wertschätzung der Arbeit und der spirituellen Ressourcen derer, die tagtäglich Nächstenliebe praktizieren.
Wie ist spirituelle Einheit in der spirituellen Vielfalt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas zu denken, wie kann sie gestaltet werden? Einige Thesen mögen das Gespräch nicht abschließen, sondern eröffnen.
- Braucht es eine neue spirituelle Kultur in Ihrer Einrichtung?
- Würden Sie sich an einer solchen Entwicklung beteiligen?
- Wie ist die spirituelle Vielfalt zu gestalten?
- Wie gehen Sie mit spirituellen Differenzen um?
- Welche Gemeinsamkeiten gibt es in der Vielfalt und wie können diese erschlossen werden?
Thesen
These 1: Es gibt kein Zurück in die Einfalt
These 2: Es braucht eine Zurückbindung
These 3: Vielfalt ist ein Epochenzeichen der Zeit
These 4: Vielfalt konstruktiv gestalten
These 5: Vielfalt aus tiefster Inspiration gestalten
These 6: Anerkennung statt Beherrschung
These 7: Schwellen statt Grenzen
Die ausführliche Darstellung der Thesen können Sie hier als PDF herunterladen.