Würzburg (POW) Sie haben ein offenes Ohr für Menschen in belastenden, manchmal auch aussichtslosen Lebenssituationen, und helfen ihnen, wieder neuen Mut zu finden: Claudia Gloger und Tobias Kramer engagieren sich im Rahmen des Projekts „Mutmacher:in am Bahnhof“ am Würzburger Hauptbahnhof. Mutmacherinnen und Mutmacher sind Menschen, die sich besonders um psychisch belastete Menschen im Bahnhofsumfeld kümmern. Sie hören ihnen zu, geben Orientierung in Krisensituationen, beraten und vermitteln an das Hilfesystem vor Ort. „Wir nehmen uns Zeit für die Menschen, die unsere Hilfe brauchen“, sagt Gloger. Das Projekt „Mutmacher:in“ ist ein gemeinsames Projekt der deutschen Bahnhofsmissionen mit der „Deutsche Bahn Stiftung".
„Kein Dienst ist wie der andere“, sagen Gloger und Kramer lächelnd, wenn sie über ihre Arbeit in der Bahnhofsmission in Würzburg sprechen. Beide sind seit vielen Jahren im Team der Bahnhofsmission engagiert und haben sich vor rund zweieinhalb Jahren dafür entschieden, Mutmacher zu werden. Nach einer mehrtägigen Fortbildung, bei der sie sich auch mit Mutmacherinnen und Mutmachern aus anderen deutschen Städten austauschen konnten, sind sie seit Sommer 2022 in der Bahnhofsmission am Würzburger Hauptbahnhof zu finden.
Sich Zeit zu nehmen und individuell auf die Bedürfnisse der Menschen, die zu ihnen kommen oder die sie im Umkreis des Bahnhofs antreffen, einlassen zu können, ist eines der Alleinstellungsmerkmale, die das Projekt „Mutmacher:in“ besonders machen. Während im üblichen Bahnhofsmissionsdienst Tätigkeiten wie beispielsweise die Essensausgabe einen großen Teil der Zeit der ehrenamtlich und beruflich Engagierten einnehmen, priorisieren Gloger und Kramer zu Beginn ihres Dienstes jeden Tag neu, was oder wer heute ihre größte Aufmerksamkeit braucht. „Die Menschen, die zu uns kommen, tragen ihr ganz eigenes, individuelles Schicksal mit sich herum“, sagt Kramer. Mal gehe es darum, in Gesprächen eine Beziehung aufzubauen, oder darum, jemandem das Gefühl zu geben, gesehen zu werden, aufmunternd an seinem Leben teilzunehmen. Dann gebe es Zeiten, in denen sich die beiden Mutmacher verstärkt um eine Person kümmern und an einzelnen Themen dranbleiben, diese Person beispielsweise zu einer Beratungsstelle vermitteln oder zum Arzt begleiten.
Solche Begleitungen seien nicht immer leicht. „Einmal klappt es, dass unsere Klienten einen Termin einhalten, beim nächsten Mal sind sie für mehrere Wochen verschwunden“, berichten Gloger und Kramer. Das sei im Umgang mit den häufig psychisch vorbelasteten Klienten bekannt. Zum einen fehle trotz aller Bemühungen oft die Vertrauensbasis und die Einsicht, sich helfen zu lassen. „Andererseits fällt es unserer Klientel oft schwer, sich an Termine zu halten, oder es wird sofortige Unterstützung benötigt“, erklärt Gloger. Die Erkenntnis, dass nicht allen geholfen werden könne und dass sich manche Menschen ihrer Hilfe verweigerten, sei manchmal hart. „Da wir beide diese Arbeit aber schon lange machen und unsere Klienten kennen, wissen wir diese Tatsache einzuordnen“, ergänzt Kramer.
Viel häufiger gebe es außerdem Positivbeispiele zu berichten. So sei kürzlich ein junger Mann bei ihnen aufgetaucht, der seinen Geldbeutel mit allen Papieren verloren hatte. Gleichzeitig war er dringend auf Medikamente angewiesen, die er sich ohne Geld und Krankenkassenkarte nicht mehr beschaffen konnte. „Ich habe mit seiner Bank telefoniert und konnte mich darum kümmern, dass er seine dringend benötigten Medikamente zeitnah erhalten hat“, berichtet Gloger. Der junge Mann sei später noch einmal vorbeigekommen, um sich zu bedanken. Solche kurzen Begegnungen, aber auch wiederkehrende Treffen mit Menschen, die die beiden Mutmacher vom Würzburger Bahnhof seit Projektstart begleiten, seien wertvoll und zeigten, wie wichtig ihr Einsatz ist.
Das Projekt „Mutmacher:in am Bahnhof“ in Würzburg ist derzeit bis Ende 2025 gesichert. Weil das Projekt rein spendenfinanziert ist, ist ein Fortbestand über diesen Zeitpunkt hinaus noch nicht klar. „Sowohl die Menschen, die wir unterstützen, als auch unsere Kolleginnen und Kollegen in der Bahnhofsmission und in den Diensten, mit denen wir zusammenarbeiten, wissen um die Wichtigkeit des Projekts. Daher möchten wir unsere Arbeit unbedingt weiterführen“, sagt Kramer. Spenden mit dem Kennwort „Mutmacher:in“ sind möglich auf das Konto IBAN DE82 7509 0300 0103 0018 81, BIC GENODEF1M05.
Theresa Hepp (Caritas)
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