Die Predigt im Wortlaut:
„Fake – News“ – am laufenden Band werden solche gestreut. Sie betreffen die große Politik, aber auch die lokale. Sie betreffen alle gesellschaftliche Kreise, auch die Kirche. Sie betreffen ebenso Privatpersonen. Bei allen sogenannten „Fake-News“ geht es darum, Menschen, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie auch der Wirtschaft, ebenso Privatpersonen zu diskreditieren.
Ein eklatantes Beispiel dafür, dass es nicht nur Einzelpersonen sind, die solche irreführenden Nachrichten organisieren und verbreiten, ist der Vorgang im britischen Sender BBC. Er wurde jetzt öffentlich. Demnach hat der Sender in der Woche vor der Präsidentschaftswahl in den USA einen Zusammenschnitt von Aussagen des damaligen Kandidaten Donald Trump ausgestrahlt. Dies erweckte den Eindruck, dass es sich um ein einziges Zitat handele, mit dem Trump seine Anhänger aufgefordert habe, „wie der Teufel zu kämpfen“. Ausgeschnitten wurde unter anderem ein Teil, in dem Trump sagte, dass er wolle, dass seine Anhänger „friedlich und patriotisch ihre Stimme erheben“.
Inzwischen ist dem Großteil unserer Bevölkerungen bekannt, dass solch verfälschende Darstellungen vielfach von extremistischen und radikalen Gruppierungen – leider auch von einzelnen Parteien benutzt werden, um die Menschen in der Beurteilung von gesellschaftlichen Vorgängen zu manipulieren.
WIKIPEDIA schreibt: „Fake News sind absichtlich falsche oder irreführende Informationen, die oft in Form von Nachrichten verbreitet werden. Sie werden gezielt erstellt, um die öffentliche Meinung zu manipulieren, Fehlinformationen zu verbreiten oder bestimmte politische, soziale oder wirtschaftliche Ziele zu verfolgen. Fake News können in Form von Artikeln, Bildern, Videos oder Social-Media-Beiträgen auftreten und sind oft schwer von echten Nachrichten zu unterscheiden. Wegen ihres oft absichtlich emotionalen Charakters verbreiten sie sich, da ohne redaktionelle Kontrolle, in den sozialen Netzwerken häufig viral.
Die Verbreitung von Fake News kann schwerwiegende Folgen haben, … die Verzerrung der öffentlichen Meinung, die Verbreitung von Misstrauen gegenüber etablierten Medien und Institutionen und in einigen Fällen sogar die Förderung von Gewalt oder sozialer Unruhe.“
Damit sind wir bei der Botschaft des heutigen Evangeliums. Der Evangelist Lukas überliefert das Wort Jesu, mit dem er vor falscher Sicherheit warnt, wenn gewaltige Probleme über die Menschen kommen werden, sich an vielen Orten sich Seuchen, Hungersnöte, Erdbeben ereignen und letztlich kein Stein auf dem anderen bleiben wird, wenn sich Völker gegeneinander erheben werden. Genau dann kommt es darauf an, sich nicht in die Irre führen lassen.
Ob wir nun die weltpolitische Bühne vor Augen haben oder die kontroversen Diskussionen im Blick auf den Umgang mit den Anliegen der Migration, der UN-Klimakonferenz oder die militärische Unterstützung für die Ukraine, die politische Situation im Nahen Osten – stets sind wir der Gefahr von manipulierten Darstellungen der Sachverhalte ausgesetzt.
Das erleben wir z.B. – spätestens seit dem 7. Oktober 2023 mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel. Infolge davon nehmen einerseits die „Pro-Palästina Demonstrationen“ und andererseits „antisemitische Aktionen“ zu.
„Fake-News“ sind häufig auch Auslöser zu Übergriffen, wie die Blockade von Hauptverkehrsstraßen oder der Beschädigung von Kunstwerken. Einzelne Gruppierungen mahnen nicht ein Nachdenken über bestimmte Verhaltensweisen an, sie fordern auch nicht ein Umdenken, sondern sie versuchen die Menschen zu zwingen, genau das zu tun, was sie für absolut richtig erachten.
All diese exemplarisch genannten Beispiele von der Weltpolitik bis in den Raum des unmittelbaren Zusammenlebens deuten auf das Grundproblem hin: Es fehlt das verbindende geistige und geistliche Fundament, auf dem eine lebenswerte und friedvolle Gesellschaft aufbaut und in der nach menschenwürdigen Wegen für das Miteinander gesucht wird.
Es fehlt die Orientierung. Wenn es so etwas wie einen gemeinsamen Nenner gibt, dann ist es die Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Die Frage, wie kann ich dir helfen, wird überlagert von der Überlegung, was kann ich an dir verdienen? Alles notwendige Nachdenken über eine globale soziale Gerechtigkeit bis hin zu einem Verhalten, wodurch das natürliche Klima geschont wird, bleibt letztlich im Hintergrund, weil der eigene Lebensstandard unantastbar ist.
Ebenso wichtig wäre es, über die Egoismen zu sprechen, die sich in den zurückliegenden Jahrzehnten im Denken vieler Menschen und ganzer Völker breitgemacht haben. Verbreitete Haltungen wie „Geiz ist geil“ müssen dabei ebenso reflektiert werden wie die Rolle der Massenmedien und ihre Beiträge zu einer an vielen Punkten unsolidarischen Lebenspraxis.
Vor diesem Hintergrund wäre auch das Phänomen der Fremdenfeindlichkeit zu analysieren in einem Land und zu einer Zeit, in der es uns wirtschaftlich nach wie vor – trotz aller Probleme – gut geht.
Die Geschichte der Welt und der Menschheit lehrt uns, dass es Missstände geben kann, die alle Lebensbereiche durchdringen. Dadurch kann das gesamte System ins Wanken geraten und an allen Ecken und Enden erkranken, bis es letztlich die politischen, sozialen und religiösen Verhältnisse trifft.
Doch das ist keine Erscheinung unserer Zeit. Im 5. Jahrhundert vor Christus, als der Prophet Maleachi auftrat, aus dessen Buch die kurze Lesung stammt, waren die religiösen, und von daher auch die politischen, gesellschaftlichen, ethischen und sozialen Zustände sehr marode. Wenn man das kleine Büchlein des Maleachi ganz liest, dann drängt sich der Eindruck auf, dass der Prophet gegen einen vielfältigen Niedergang in mehreren Bereichen kämpfen musste.
- Da wird der Gottesdienst nicht ernst genommen, sondern als Last empfunden. Der religiöse Ritus verkommt zu einem bloß äußerlichen Tun, und das religiöse Leben verflacht.
- Maleachi sieht die Missstände im religiösen Bereich in engem Zusammenhang mit dem vielfältigen Fehlverhalten in der Gesellschaft und mit den ethischen Defiziten.
Für den Prophet Maleachi gehören Gottesdienst und gerechtes Handeln zusammen. - Ein weiteres Kennzeichen des gesellschaftlichen Niedergangs ist eine schleichende Miesmacherei, die Maleachi beobachtet: Es herrscht im Volk die Meinung vor, dass es sich gar nicht lohnt, gerecht und gut zu handeln, denn das Gut-Sein zahlt sich nicht aus, weil denen, die schlecht handeln, die habgierig sind, die die Armen ausbeuten, die den Lohn für die Tagelöhner zurückhalten, die die Fremden im Land um ihr gutes Recht bringen, kurz: allen, die in verschiedenster Weise gegen das Gebot Gottes handeln, denen geht es auch noch gut!
Und so entsteht der Eindruck: Die Überheblichen und die Bösen, das sind die Gewinner, und es bringt überhaupt nichts, sich an Gottes Gebot zu halten.
Wenn ein derartiger Werteverfall eingesetzt hat, hilft nur noch ein radikaler Neubeginn. Angesichts der Missstände kann sich der Prophet kein „es wird mit der Zeit schon wieder gut“ vorstellen. Er sieht es als seinen Auftrag an, in klarer Sprache den Überheblichen und Bösen, die Gottes Gebot missachten, die Konsequenzen ihres Verhaltens aufzuzeigen.
Doch im Unterschied zu manchen Ideologen, die von „Revolution“ sprechen und mit Gewalt und „eisernem Besen“ den Umsturz herbeiführen wollen, baut Maleachi einzig und allein auf Gott. Nicht menschliche Rache, nicht revolutionäre Waffengewalt, sondern das Beachten von Gottes Gebot wird die Veränderung ermöglichen.
Deshalb spricht Maleachi zunächst diejenigen an, die noch auf Gottes Seite stehen, aber unsicher geworden sind, ob es sich noch lohnt, nach Gottes Weisung zu leben. Ihnen ruft Maleachi zu, dass der Unterschied deutlich wird zwischen dem, der Gott dient, und dem, der Gottes Gebote missachtet.
In der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ war vor einiger Zeit zu lesen: „… Wir müssen endlich aufwachen! Uns aus unserer Behaglichkeit lösen! Es ist höchste Zeit. Die Anfänge, derer wir immer wehren wollten, haben wir längst hinter uns gelassen. Demokratie braucht die Beteiligung aller Bürger, jeden Tag neu. Sie verlangt Einsatz, das Ringen um die beste Lösung und auch manches Opfer. Dazu gehört, sich mit den politischen Inhalten zu befassen und nicht nur aus dem Bauch heraus für denjenigen zu stimmen, dessen Versprechungen wohlfeil sind – ob sie realistisch sind oder nicht. … Wir müssen die Frustrierten und Abgehängten, die Ängstlichen und Besorgten ernst nehmen - und zwar bevor sie einem Volksverführer nachlaufen …“.
Der tschechische Soziologe Tomas Halik, der im Untergrund zum Priester geweiht wurde, nimmt die Christen in Europa in Pflicht. Sie behalten nach seiner Ansicht auch im säkularen Zeitalter einen wichtigen gesellschaftlichen Gestaltungsauftrag. Sie sollten zu einer „schöpferischen Minderheit“ werden. Für die Kirche komme es darauf an, die therapeutische Stärke des Glaubens zu betonen und zur Kultivierung eines sozialen Klimas beizutragen, in dem die Würde des Menschen zentral sei. „Hier kann sie der Demokratie einen großen Dienst erweisen“, fügt Halik hinzu.
Halik ruft die Kirchen auf, neue Wege zu beschreiten. „Das Christentum von gestern kann schwerlich eine Hoffnung für das Europa von heute oder morgen sein“, betont er. Das heutige Christentum wirke zu wenig überzeugend und eher als eine „Religion im Abklingen als eine Stärke für morgen“. Deshalb muss jede und jeder von uns sich fragen, ob sie/er zu denen gehört, die versuchen nach der Weisung Gottes zu leben.
Gerade in Zeiten der Veränderung, der Versicherung und der Angst kommt es auf die Überzeugung an, dass Gott uns menschliche, gute und verheißungsvolle Wege in die Zukunft aufzeigt. „Fake News“ helfen dabei gewiss nicht. Es braucht glaubwürdige Zeugen für ein gutes Miteinander. Die Bezeichnung „Verbindung“ für unser Miteinander als K.Ö.H.V. Leopoldina ist dafür eigentlich Auftrag. Denn jetzt kommt es darauf an, dass wir aufwachen und bewusst als Christen leben und wirken und den „Fake News“ mit unserer Überzeugung entgegenwirken.
Domkapitular Clemens Bieber
www.caritas-wuerzburg.de
Text zur Besinnung
»Er wird wiederkommen in Herrlichkeit« –
Das heißt nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen,
aber es dämpft unser menschliches Planen und Tun,
das oft plant und tut, als ob es Gott nicht gäbe
»Er wird wiederkommen in Herrlichkeit« –
Das meint nicht, dass wir keine Regeln mehr brauchen,
aber es lässt Raum für die größere Ordnung Gottes,
für seine Barmherzigkeit und Gerechtigkeit
»Er wird wiederkommen in Herrlichkeit« –
Das fordert nicht, dass wir ständig nach Unheilszeichen suchen,
sondern wir sind gefordert, uns für jene einzusetzen,
die hier und heute im Unheil leben
»Er wird wiederkommen in Herrlichkeit« –
Das bedeutet keine blinde und billige Weltflucht,
sondern dass wir mit Blick auf die kommende Welt Gottes
in unserer Hingabe auf Welt und Mensch hin wachsen
»Er wird wiederkommen in Herrlichkeit« –
Daraus folgt, dass wir zwar in,
aber nicht von dieser Welt sind
Wolfgang Steffel





