Der kleine Robin kann es schon ganz gut. "Hello, good morning", sagt er zu Peter. Peter, der Panda-Bär, ist ein kleine Handpuppe, die ihm Claudia Schlör entgegenhält. "Put on your shoes, put on your jacket", sagt Peter zu Robin. Der kleine Kerl ist erst fünf, doch diese englischen Sätze versteht er gut.
Claudia Schlör, Leiterin des Würzburger Haus für Kinder St. Hildegard, ist davon überzeugt, dass dieser spielerische Englischunterricht gut ankommt. Vor etwa zwei Jahren war ihr die Idee gekommen, die englische Sprache und vor allem den Austausch mit anderen Kulturen verstärkt in den Alltag der Kinder zu bringen. Bei ihrem Träger, dem Diözesan-Caritasverband, bekam sie die nötigen Hinweise und Kontakte zum Comenius-Projekt, einem Förderprogramm der Europäischen Union, das die internationale Zusammenarbeit in der allgemeinen und beruflichen Bildung unterstützt. Schlörs Konzept zur Einführung der englischen Sprache bei kleinen Kindern kam gut an, die Comenius-Verantwortlichen luden sie im Oktober 2005 zu einem fünftägigen Kontaktseminar ins norwegische Stavanger ein. Dort traf sie Erzieher und Pädagogen aus vierzehn europäischen Ländern. Sie überlegten unter anderem, wie Englisch als Zweitsprache durch Außenaktivitäten in der Natur und im Garten spielerisch erlernt werden kann. Als Austauschpartner des auf drei Jahre angelegten Projekts fanden sich für die Würzburger Einrichtung Kindergärten aus Slowenien, Kroatien, Portugal und Norwegen und eine Grundschule in Portugal.
Zurück in Würzburg musste Claudia Schlör erst ihre Kollegen und vor allem die Eltern von der neuen Idee überzeugen. "Einige reagierten begeistert, andere verhalten", lächelt Schlör, "denn im Kindertagesstättenbereich ist diese Idee ganz neu". Eine von den Begeisterten ist Susanne Glücker. Die 32-jährige Mutter des kleinen Robin erklärte sich auch spontan bereit, beim ersten Arbeitsbesuch in den Kindergarten Pedenjped im slowenischen Ljubljana mit zu fahren.
Und wo liegen jetzt die Unterschiede? "Die Erziehungs- und Bildungssysteme unterscheiden sich schon in einigen Bereichen", bestätigen die beiden Frauen. "Es wird sogar schon im Kindergarten streng getrennt nach Jahrgängen. Altersübergreifende Gruppen, die wir hier pädagogisch sinnvoll finden, gibt es dort nicht. Dafür haben die anderen Länder ein besseres Betreuungssystem über Mittag. Alle Kinder bekommen ein warmes Essen, und dennoch ist die Kostenstruktur für die Eltern günstiger als bei uns, da die öffentlichen Zuschüsse höher sind". Von ihrem "Trip to slovenija", an dem auch der Erzieher Gerold Weißengert und Maria Düchting von der benachbarten Fachakademie St. Hildegard teilnahmen, berichteten sie anschließend den Eltern und ihren Kindern in Würzburg. Fünf Kindergärten hatten sie in Slowenien besucht, überall war die internationale Besuchergruppe aus fünf Ländern herzlich empfangen worden. Kinder mitgebracht hatte jedoch niemand. Im Gegensatz zu Comeniusprojekten auf Schulebene, an denen auch immer Schüler mit teilnehmen, wäre ein solcher Arbeitsbesuch für die Vier- oder Fünfjährigen zu uninteressant gewesen. Und soweit reichen ihre Englischkenntnisse nun auch wieder nicht.
Doch das erste Comeniusjahr hat seine Spuren hinterlassen in der Würzburger Einrichtung. Jede Woche gibt es eigene Englischeinheiten. Die Handpuppen dienen dabei als spielerisches Medium. Die fallenden Blätter im Herbst, der Schnee oder der Weihnachtsbaum wurden auf englisch besungen oder gespielt. "Den Christmas tree hat unser Robin ständig zu Hause nachgesungen", lacht Susanne Glücker. Und natürlich kommt auch der erzieherische Ansatz nicht zu kurz. Wenn also Pandabär Peter "Put on your shoes" sagt, machen die Kinder gleich mit und haben auch noch Spaß dabei.
Der Fortgang des Drei-Jahres-Projekts muss jährlich neu beantragt werden. Doch Claudia Schlör ist sich sicher, dass sie dabei Erfolg haben wird.
Das Comenius-Projekt der EU
Johann Amos Comenius (Wikipedia)