Über die Einrichtung von Ombudsstellen in der Jugendhilfe diskutierte die Arbeitsgemeinschaft katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfe und Jugendsozialarbeit in der Diözese (AGkE) vergangene Woche auf ihrer Jahrestagung im Markushof in Gadheim. Die Zeit sei reif für solche Schlichtungsstellen, wie sie sich im Versicherungsgewerbe, im Verbraucherschutz oder im Hartz IV-Bereich schon lange etabliert hätten, meinte Wolfgang Diedering, langjähriger Geschäftsführer des Sozialdienstes katholischer Frauen in Würzburg und nach acht Jahren Amtszeit scheidender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft. Einzelne Träger von Jugendhilfeeinrichtungen wären damit aber überfordert, auch große Verbände könnten es nur, wenn sie sich hierfür auf Landesebene zu Trägergemeinschaften zusammen schließen.
Als Referent hatten sich die Fachleute aus Jugendhilfeeinrichtungen und Jugendämtern den Diplompsychologen Dr. Mike Seckinger vom Deutschen Jugendinstitut in München eingeladen. Jugendhilfe habe den gesetzlichen Auftrag, junge Menschen zu fördern und dabei zu helfen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen. Außerdem soll sie dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten bzw. zu schaffen, so Seckinger. Ohne Ombudsstellen, so seine These, sei dieser Auftrag nicht zu erfüllen. In Berlin, in den Niederlanden, Irland und England gibt es hiermit seit Jahren positive Erfahrungen. Die meisten deutschen Bundesländer tun sich bisher jedoch schwer damit. Ein Versuch der katholischen Jugendfürsorge in München sei eigentlich gescheitert, da er nicht trägerübergreifend organisiert worden sei. Die wachsende Finanznot der Kommunen und Landkreise als Kostenträger wird sich negativ auf die kostenintensive Jugendhilfe auswirken, obwohl der Bedarf hier ständig steigt. Ein Absenken der Standards, nicht ausreichende Kapazitäten und Probleme beim Übergang in Anschlussmaßnahmen für ältere Jugendliche sind logische Folgen. Klagen von Jugendhilfeeinrichtungen und auch von Eltern werden sich daher häufen, war sich Seckinger sicher.
Zur Wahrung der Neutralität sei eine trägerübergreifende Organisationsform und eine Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe nötig. Eine Ombudsstelle müsse neben fachlicher und rechtlicher Beratung auch anwaltschaftliche Unterstützung leisten und umstrittene Hilfeentscheidung sorgfältig rekonstruieren. Ihr Ziel müsse es immer sein, einvernehmliche Lösungen zwischen den streitenden Parteien wie z.B. Jugendhilfeeinrichtungen und Kostenträgern zu erwirken. Einwände eines anwesenden Jugendamtsleiters, Ombudsstellen würden nur eine unnötige Doppelstruktur schaffen, ihnen fehle die Akzeptanz und ihr Eingreifen würde die Lösung schwieriger Streitfälle unnötig verzögern, wollte Seckinger so nicht stehen lassen. Ombudsstellen, so sein Fazit, sind ein sensibles Instrument für strukturelle Veränderungen in der Jugendhilfepolitik und verbessern die Kooperation zwischen den Trägern. In Berlin sei z.B. nur bei sechs Prozent der Fälle keine Einigung möglich gewesen und der Klageweg beschritten worden. Gefragt nach der nötigen Zahl solcher Stellen antwortete Seckinger: „Eine Einrichtung für jeden der 96 bayerischen Jugendamtsbezirken ist sicherlich unrealistisch, doch in jedem der sieben Bezirke sollten sie installiert werden.“