Der Impuls im Wortlaut:
Mitten am Tag gönnen wir uns eine Pause um aufzuschnaufen, Kraft zu sammeln und gestärkt unseren Weg weiterzugehen in den Tag, an dem wir gebraucht werden – ob am Arbeitsplatz, in der Familie, in der Nachbarschaft, im Freundes- und Bekanntenkreis oder in einer Situation, die wir im Moment noch gar nicht im Blick haben.
Es geht nicht darum, heroische Taten zu vollbringen, sondern uns unseren je eigenen Aufgaben zu stellen mit den Gaben und Möglichkeiten, die jede und jeder von uns hat. Wie das geschehen könnte, dazu gibt uns die hl. Therese von Lisieux einen wichtigen Hinweis. Die Kirche erinnert am 1. Oktober an die junge Karmelitin, die schon mit 24 Jahren verstarb. Sie wurde am 2. Januar 1873 als jüngstes von neun Kindern in einem Dorf in der Normandie geboren. Vier Jahre war sie alt, als ihre Mutter starb. Ihre älteste Schwester war von nun an für sie wie eine Mutter. Als Therese zehn Jahre alt war, befiel sie eine rätselhafte Krankheit, verbunden mit langen Phasen von Ohnmacht. Ärzte und Angehörige waren in größter Sorge und bangten um ihr Leben.
Doch genau in dieser äußerst schwierigen Zeit der Krankheit fiel ihr unvergleichliches Lächeln auf. Mehr und mehr machte sie durch ihre Haltung deutlich, dass Menschen, deren Herz voller Liebe ist, Leiden nicht nur ertragen, sondern sogar in Freude umzuwandeln vermögen. Sie fühlte sich von der, wie sie schrieb, „Menschenfreundlichkeit Gottes“ auf den Weg der Nachfolge gerufen und trat trotz vielerlei Schwierigkeiten und Hindernissen bereits mit 15 Jahren in den Karmel ein. Gerne wäre sie als Karmelitin in die weite Welt nach Indochina gegangen, um Zeugnis für die Menschenfreundlichkeit Gottes zu geben, doch ein neun Jahre währendes Leiden machte dies unmöglich.
Ihr Leiden wurde verstärkt durch ihre Mitschwestern, die sie missverstanden, sie deswegen schlecht behandelt, sogar verachtet und verhöhnt haben. Doch ihre Antwort, ihre innerste Reaktion, blieb gleich: ein von Herzen kommendes Lächeln.
In diesen Leiden entdeckte sie für sich den „Kleinen Weg“, nämlich „das Gewöhnliche auf außergewöhnliche Weise tun, aus Liebe“: In jedem Augenblick versuchen, das zu tun, was Gottes Willen entspricht.
Deswegen mied sie ein Leben in der bequemen und oberflächlichen Bürgerlichkeit des 19. Jahrhunderts, ein Leben der Anpassung an die Verhältnisse, wie sie nun einmal waren. Andererseits lässt sie das Leben – ob in Freude oder in Leid – nicht einfach über sich ergehen etwa mit einem Achselzucken: Da kann man nichts machen! So ist halt das Leben!
Aus ihrem ursprünglichen Vorhaben, heldenhaft die Massen von Ungläubigen in der weiten Welt zu bekehren, wurde nichts, umso mehr erkannte sie, wie sie mit ihren bescheidenen Möglichkeiten in ihrer kleinen Welt für IHN Zeugnis geben konnte, eben auf dem „Kleinen Weg“: „Gott hat die Welt nicht nur mit stolzen Rosen und Lilien, sondern auch mit bescheidenen Veilchen und kleinen Gänseblümchen geschmückt“. Entscheidend sei, so ihre Erkenntnis, dass der Mensch sich nicht an dem konkurrierenden Mitmenschen misst, sondern auf Gott blickt; denn in den Augen Gottes ist jeder Mensch unendlich kostbar.
Therese schreibt: „Du weißt wohl, unser Herr schaut nicht so sehr auf die Größe der Taten, nicht einmal wie schwer sie sind – nur auf die Liebe, mit der wir sie begleiten.“
Im Gebet zur Messfeier am Gedenktag der heiligen Therese von
Lisieux heißt es: „Großer Gott, du rufst
Menschen in deine Nähe, die nichts von sich selbst erwarten, sondern alles von
dir erhoffen …“
Aus diesem Vertrauen heraus wird dann möglich, was zur Grundhaltung der
Heiligen des heutigen Tages wurde: „Nicht
das Außergewöhnliche, sondern das Gewöhnliche außergewöhnlich gut zu
vollbringen.“
Das möge jeder und jedem von uns gelingen – heute und an jedem Tag! Dazu können
wir hoffentlich nach dieser Verschnaufpause gestärkt unseren „Kleinen Weg“ weitergehen!
Domkapitular Clemens Bieber
Einige der vielen Gedanken der Therese von Lisieux:
„Gott lässt Menschen die Dinge sehen, wie sie wirklich
sind.“
„Ich wollte mich selbst vergessen, um anderen Freude zu machen. Von da an war
ich glücklich.“
„Aus Liebe leben, das heißt unaufhörlich weiterfahren, den Frieden, die Freude
in alle Herzen säend.“
„Wenn uns Verzweiflung überkommt, liegt es gewöhnlich daran, dass wir zuviel an
die Vergangenheit und die Zukunft denken.“
„Die Freude steckt nicht in den Dingen, sondern im Innersten unserer Seele.“
„Nicht der Tod wird mich holen kommen, sondern der liebe Gott.“
„Ich sterbe nicht, ich trete ins Leben ein.“