Auch wenn die Einrichtungen am Bahnhof vor allem als Anlaufstelle für Menschen in sozialen Notlagen bekannt sind, besteht ein wichtiger Teil ihrer Arbeit in der Unterstützung von Reisenden. So helfen die Mitarbeitenden beispielsweise Menschen mit Mobilitätseinschränkungen nach Voranmeldung beim Ein-, Aus- oder Umsteigen. An kleineren Bahnhöfen wie Ingolstadt, Kempten und Lindau sind die meist ehrenamtlichen Mitarbeitenden während der Öffnungszeiten im Bahnhof und an den Gleisen präsent und packen auch spontan an, wenn Hilfe nötig ist. „Die Unterstützung von Reisenden ist zahlenmäßig unsere Hauptaufgabe in Lindau. Sie machen fast 90 Prozent unserer Kontakte aus“, so die Leiterin der Lindauer Bahnhofsmission, Conny Schäle. Aber: „Immer wieder stranden auch verwirrte, psychisch auffällige oder wohnungslose Menschen am Bahnhof", ergänzt Schäle. "Wir geben ihnen Schutz und Ruhe bis wir eine Lösung gefunden haben, wie es für sie weitergehen kann.“ Das geschieht meist in Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen in der Stadt, der Bahn oder auch der Bundespolizei. Ähnliche Bedeutung wie in Lindau hat die Hilfe für Reisende in den Bahnhofsmissionen Hof und Schweinfurt mit knapp über der Hälfte aller Kontakte.
Konkret boten die Mitarbeitenden der bayerischen Bahnhofsmissionen 2018 fast 33.000 Hilfen direkt im Reiseverkehr im Bahnhof und am Bahnsteig. 1.500-mal vermittelten sie Reisende an andere Bahnhofsmissionen. Und über 9.000-mal kontaktierten sie Dienste der Bahn, um Menschen auf Reisen weiterzuhelfen. Darüber hinaus boten sie Aufenthalt und diverse kleinere Hilfen – von einer Tasse Tee über das Aufladen eines Mobiltelefons bis zur Wickelmöglichkeit in ihren Räumen.
„Die Reisehilfen der Bahnhofsmissionen, aber auch die Unterstützung in Notlagen sind eine wertvolle Ergänzung zum Mobilitätsservice der Bahn“, so Karl Heinz Ferstl, Leiter Operations im Regionalbereich Süd der DB Station&Service AG.
„Es ist uns wichtig, dass Menschen, die aufgrund ihres Alters, einer Krankheit oder einer Behinderung eingeschränkt sind, selbständig leben und mobil bleiben können. Das schafft Lebensqualität und ermöglicht Teilhabe, was auch angesichts des demographischen Wandels für unsere Gesellschaft von großer Bedeutung ist", sagt Hedwig Gappa-Langer (IN VIA Bayern e. V.) von der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen Bahnhofsmissionen in Bayern. Ihre Kollegin Heidi Ott (Diakonisches Werk Bayern e. V.) betont: "Nur durch das hohe Engagement der fast 400 ehrenamtlichen Mitarbeitenden in den bayerischen Bahnhofsmissionen ist ein derart breites Angebot überhaupt möglich."
Ein besonderer Service ist "Bahnhofsmission Mobil", für alle diejenigen, für die eine Fahrt alleine kaum (mehr) möglich ist. Bisher wird es in Schweinfurt und Nürnberg angeboten. Nach Voranmeldung begleiten ehrenamtliche Mitarbeitende die Fahrgäste kostenlos in Regionalzügen im Umkreis von 100 Kilometern bzw. maximal vier Stunden einfache Fahrtzeit. 240 Mal wurde die mobile Reisebegleitung im vergangenen Jahr gebucht. Nähere Informationen gibt es bei den Bahnhofsmissionen Schweinfurt (Ruf 09721/85950) und Nürnberg (Ruf 0911/22996).
Bereits seit 15 Jahren ist "Kids on Tour“ erfolgreich, der Begleitdienst für allein reisende Kinder in Kooperation von Deutscher Bahn und den Bahnhofsmissionen. Jeweils freitags und sonntags begleiten ausgebildete ehrenamtliche Mitarbeitende der Bahnhofsmissionen Kinder im Alter zwischen sechs und 14 Jahren auf festgelegten Strecken im ICE-Netz. In Bayern beispielsweise auf den Strecken München – Nürnberg – Berlin sowie München – Stuttgart – Mannheim – Köln. Die Bahnhofsmission München koordiniert diese Fahrten und stellt die ehrenamtlichen Begleitenden auf den genannten Strecken. Im vergangenen Jahr konnten von München aus 1.072 Fahrten begleitet werden. „So können Kinder beispielsweise zu getrennt lebenden Elternteilen oder auch den Großeltern in gutem Kontakt bleiben. Das Angebot wird aktuell fast ausschließlich über Mittel der Träger finanziert. Dauerhaft braucht es deshalb bald eine Alternativlösung“, so Bettina Spahn und Barbara Thoma, die beiden Leitungen der Bahnhofsmission München. Weitere Informationen unter www.bahn.de/p/view/service/familie/kids-on-tour.shtml
In Bayern halten 13 größtenteils ökumenisch getragene Bahnhofsmissionen ihre Türen für Reisende und Menschen in Not offen. 2018 hatten die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden 285.000-mal Kontakt mit Hilfesuchenden – dies ist eine Steigerung um 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt erbrachten sie fast 570.000 Hilfeleistungen vom Aufenthalt über Notverpflegung und Vermittlung bis zu seelsorgerlichen und Krisengesprächen. Das entspricht einem Plus von 2 Prozent gegenüber 2017.
WEITERE INFORMATIONEN unter: www.bahnhofsmission-bayern.de
u.a. mit einem Newsletter „Rund ums Reisen“
Hedwig Gappa-Langer