„Das Verhältnis von Kirche und Medien ist ein wenig das der frierenden Stachelschweine bei Arthur Schopenhauer; sie suchen die gegenseitige wärmende Nähe und laufen dann Gefahr, sich zu pieken“, führte Fritz Pleitgen in seinem tiefsinnigen und zugleich humorvollen Vortrag aus.
Bischof Friedhelm: "Ich freue mich über jeden Einzelnen, der hier Anwesenden"
Zuvor begrüßte Bischof Hofmann weit über eintausend geladene Gäste aus Kirche und Caritas, Kommunal-, Landes-, Bundes-, und Europapolitik, aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung, Justiz und gesellschaftlichem Leben zum 3. Diözesanempfang, den das Bistum, die Katholische Akademie Domschule und der Diözesancaritasverband gemeinsam ausrichteten.
Der große Hörsaal der Universität am Hubland war bis auf den letzten Platz besetzt, und viele Gäste mussten mit einem Stehplatz vorlieb nehmen. Der Filmtitel „Ziemlich beste Freunde“, bringe, so Bischof Friedhelm einleitend, das Verhältnis von Kirche und Medien auf den Punkt. „denn hier treffen zwei völlig unterschiedliche Welten aufeinander, die sich eigentlich ziemlich fremd sind, aber doch entdecken, dass sie einander brauchen, um weiterzukommen auf dem Weg zu einem authentischen und erfüllten Leben.“ Deshalb galt den anwesenden Vertreterinnen und Vertretern der Medien an diesem Abend ein besonderer Gruß. Sie seien es, die über die kleinen und großen Ereignisse der Kirche berichteten.
Vortrag voller Tiefsinn und Humor
Pleitgen beschrieb das Verhältnis dieser „ziemlich besten Freunde“ als spannend und spannungsreich zugleich. Beide, Kirche und Medien, kämen aber im Interesse am Menschen überein. Vielfältige Erfahrungen habe er als Korrespondent im Ostblock und in den USA machen können. Während im Osten die Kirchen mundtot gemacht wurden, habe er in Amerika eine sehr agile und transparente katholische Kirche erleben dürfen. Pleitgen zeigte am Verhältnis von WDR und Erzbistum Köln die wechselseitige Verwiesenheit von Kirche und Medien auf. „Nicht nur einmal brachte der Kölner Kardinal die kritische Berichterstattung meines Senders ganz unerschrocken in die Nähe der Christenverfolgung“, führte Pleitgen aus. Die Wende sei mit der 750-Jahrfeier des Kölner Doms eingetreten. „Als dann noch der Heilige Vater dem Westdeutschen Rundfunk dafür dankte, dass er den Weltjugendtag in alle Winkel unseres Erdballs übertragen hatte, hing der Haussegen wieder völlig gerade.“
Der erfahrene Journalist Pleitgen empfahl der Kirche mehr Offenheit im Umgang mit den Medien. Dies gelte gerade bei Verfehlungen, die sich ohnehin nicht unter den Teppich kehren ließen. Die Skandale der letzten Jahre hätten dies einmal mehr gezeigt. „Bischöfliche Pressestellen gelten nach wie vor als nicht besonders auskunftsfreudig. Informationen sind oft rar wie eine Fastenspeise und gelten als Gnadenakt, den man sich durch Wohlverhalten verdienen muss“, kritisierte Pleitgen gekonnt humorvoll. „Der Umgang des Papstes mit den Medien stimmt mich froh und zuversichtlich“, äußerte er sich. „Journalisten sind bisweilen lästig, weil sie nachfragen und Kritik üben. Damit kommen sie aber dem Auftrag der Medien in einer offenen Gesellschaft nach.“
Den Vertreterinnen und Vertretern der Medien legte er mehr Geduld ans Herz. Einige Entwicklungen sehe er sehr kritisch. „Manches, was gegenwärtig als Satire daherkommt ist oft nichts anderes als die plumpe Verhöhnung religiöser Symbole. Das bedarf der Aufarbeitung.“ Bischöfe und Kardinäle, so Pleitgen, hätten zwar besseres verdient, als kritiklos verehrt zu werden, aber der Umgang mit ihnen müsse menschlich bleiben.
Es braucht bestimmte Tugenden im Umgang miteinander. „Insgesamt fehlt es gelegentlich an apostolischem Mut, franziskansicher Milde, dominikanischem Durchblick, jesuitischer Schläue und der Geduld des Säulenstehers Simeon.“
„Medien und Kirchen haben gemeinsame Aufgaben. Sie kümmern sich um ein und denselben Menschen“, unterstrich Pleitgen. Kritisch fragte er nach, ob sich Kirchen und Medien wirklich für den Menschen, besonders den am Rande, interessierten. „Kirchen und Medien haben sich an Werte gebunden, die über sie hinausweisen“, erläuterte Pleitgen die Orientierung und Sinn stiftende Dimension der „ziemlich besten Freunde“. Eine gute Predigt wie auch eine gute Fernsehsendung sollten den Menschen nicht niedermachen, sondern aufrichten.
Das Auditorium war voll des Lobes
Pleitgen erhielt während seines Vortrages immer wieder tosenden Applaus und an dessen Ende stehende Ovationen.
Leidenschaftlich, hintergründig, humorvoll, kurzweilig, tiefsinnig, waren nach dem Vortrag immer wieder genannte Attribute. Lange standen die über tausend Gäste im Foyer des Hörsaalgebäudes und tauschten sich bei einem kleinen Imbiss und Wein aus.
Das, so Bischof Friedhelm, sei der Grund für die Tradition des Diözesanempfangs: Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft mögen miteinander ins Gespräch kommen.
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Die Rede im Wortlaut (folgt demnächst hier).
Hier geht es zum Beitrag der Pressestelle (POW) in der Diözese Würzburg.
Videomitschnitt des Vortrages von Fritz Pleitgen.