Turnusgemäß hat der Landes-Caritasverband den Vorsitz der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) übernommen. Bis zum Januar 2011 ist damit Landes-Caritasdirektor Prälat Karl-Heinz Zerrle Vorsitzender der LAGFW, des Zusammenschlusses der sechs Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Bayern. Zerrle folgt der Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes, Prinzessin Christa von Thurn und Taxis nach, die für das kommende Jahr den stellvertretenden Vorsitz übernommen hat.
Als einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit sieht Zerrle den Kampf gegen eine „auch in Bayern immer mehr um sich greifende Armut bei Kindern und Jugendlichen, bei allein Erziehenden und alten Menschen.“ „Wir können nicht hinnehmen, dass junge Menschen ohne Schulabschluss in schneller Fahrt in die Armut rutschen. Hier erwarten wir von der Bayerischen Staatsregierung klare Maßnahmen.“ Er kritisierte in diesem Zusammenhang die vom Bayerischen Kultusministerium eingeführte „Offene Ganztagsschule.“ Die Wohlfahrtsverbände erwarteten statt dieser Form pädagogisch durchdachte Einrichtungen, die den jungen Menschen wirklich helfen könnten. Zerrle begrüßte die Ankündigung der Bundessregierung, die gesetzlichen Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs II zu überprüfen: „Hier erwarten wir eine Verbesserung im Sinne der Betroffenen. Wir fordern seit langem eine Anhebung der monatlichen Sätze auf 420 Euro.“ Stark engagieren will sich die LAGFW auch bei der Verbesserung der Ausbildung von Altenpflegekräften und von Erzieherinnen. „Wir möchten mehr junge Menschen für soziale Berufe in der Pflege und Erziehung gewinnen. Dafür müssen die staatlichen Rahmenbedingungen vor allem hinsichtlich der Vergütung verbessert werden.“ Ausdrücklich warnte der Prälat vor erneuten Kürzungen im Sozialbereich als Folge der Finanzkrise und des „Debakels der BayernLB: Die sozial Schwachen, die Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung dürfen nicht die unschuldigen Opfer wirtschaftlicher und politischer Fehlentwicklungen werden.“
Für eine bessere Pflege
In ihrem Rückblick auf das vergangene Jahr stellte Prinzessin von Thurn und Taxis den Einsatz der LAGFW für eine bessere Pflege in den Vordergrund. Dazu habe es viele Gespräche mit der Politik, den Bezirken und den Kranken- und Pflegekassen gegeben. So habe man erreicht, dass die Facharztversorgung in den Pflegeheimen gesichert werden konnte. Kritik übte die BRK-Präsidentin an der Politik: „Sie kann nicht nur gesetzliche Standards in der Pflege setzen und sich nicht darum kümmern, wie diese Standards finanziert werden können“. In den politischen Gesprächen habe die LAGFW den Politikern vermittelt, dass die Freie Wohlfahrtspflege nicht nur der mit Abstand größte Anbieter sozialer Dienstleistungen und somit der „Garant für Menschlichkeit und Solidarität in Bayern schlechthin“ sei. Die Freie Wohlfahrtspflege sei auch eine Wirtschaftmacht, die 170.000 Arbeitsplätze anbiete und die regionale Wirtschaft stärke.
Veranstaltungen 2010
Prälat Karl-Heinz Zerrle kündigte für die nächsten Monate mehrere Veranstaltungen der LAGFW an. Am 29. Januar 2010 wird im Bayerischen Landtag gemeinsam mit der Gewerkschaft verdi eine Fachtagung unter dem Motto „Der Wert der sozialen Arbeit“ stattfinden.
Vom 23. April bis zum 2. Mai 2010 organisieren die Wohlfahrtsverbände zum vierten Mal einen „Rollentausch“ für Politikerinnen und Politiker. Diese sind eingeladen, einen Tag in einer sozialen Einrichtung mitzuarbeiten.
Am 20. Juli 2010 organisieren die Wohlfahrtsverbände in der Katholischen Stiftungsfachhochschule München die 5. Bayerische Armutskonferenz.
Die in der LAGFW zusammengeschlossenen Verbände sind die Arbeiterwohlfahrt, das Bayerische Rote Kreuz, der Landes-Caritasverband, das Diakonische Werk Bayern, der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden und der Paritätische Wohlfahrtsverband. In Bayern unterhalten die Wohlfahrtsverbände und ihre angeschlossenen Organisationen rund 14.500 Facheinrichtungen und Projekte im gesamten sozialen Bereich. Sie beschäftigen rund 170.000 hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zusätzlich engagieren sich im Raum der LAGFW etwa 400.000 Menschen ehrenamtlich – zum Beispiel in Verbandseinrichtungen oder Kirchengemeinden.