Vor mehreren hundert Gläubigen eröffnete der Caritasvorsitzende Domkapitular Clemens Bieber gestern im vollbesetzten Neumünster die diesjährige Caritasherbstsammlung. Dabei ging er sowohl auf das Jahresthema des Deutschen Caritasverbandes „Kein Mensch ist perfekt“ als auch die bevorstehende Preisverleihung des Vinzenzpreises ein, der in diesem Jahr mit der Stühleaktion „Nimm Patz“ verbunden war. Bei dieser Aktion hatten das Bischöfliche Ordinariat und der Diözesen-Caritasverband Menschen mit Behinderung aufgefordert, Stühle zu gestalten und so zu zeigen, wie sie ihren Platz in Gesellschaft und Kirche sehen bzw. sich wünschen. Einige der Stühle stellen Jugendliche des Caritas-Don-Bosco-Berufsbildungswerkes während des Gottesdienstes an den Altar.
In seiner Predigt sprach sich Bieber sowohl gegen die Einführung der Präimplantationsdiagnostik als auch gegen Gentests zur Identifizierung von Trisomie 21 aus. „Totsicher,“ so Bieber, „wird die derzeitige Haltung dazu führen, dass menschliches Leben ausgewählt wird nach den gängigen Vorstellungen, wie Lebens ein soll: möglichst perfekt, leistungsstark und strahlend. Totsicher wird dadurch unsere Gesellschaft immer kälter, härter, unmenschlicher. Weil sie keinen Platz mehr hat für Menschen, die nicht den Anforderungen der Wirtschaft entsprechen.“ Und weiter: „Die Humanität einer Gesellschaft ist daran zu erkennen, wie sie mit Menschen umgeht, die eben nicht den gängigen Vorstellungen entsprechen“. Dabei hätten gerade Behinderte uns viel zu sagen, schloss Bieber. „Leben ist etwas Schönes, wenn wir uns einander annehmen.“ Ein Beispiel dafür war nach der Predigt das Vater-unser, das der Gebärdenchor der Gehörlosengemeinde unter Leitung von Gudrun Heil vor dem Altar in Gebärdensprache betete. Den Ministrantendienst am Altar übernahmen Bewohner dem Dominikus-Ringeisen Werkes in Maria Bildhausen.
Bieber dankte den vielen tausend ehrenamtlichen Sammlerinnen und Sammlern, die in den nächsten Tagen unter dem Motto „Achtet aufeinander, denn nur miteinander gelingt das Leben“ wieder für die Arbeit der Caritas sammeln gehen. Am Schluss des Gottesdienstes, den Mitarbeiter/innen des Fachdienstes Gemeindecaritas vorbereitet und Organist Elmar Meckel und der Domchor unter der Leitung von Alexander Rüth musikalisch gestaltet hatten, lud der Caritasvorsitzende alle Gläubigen zur Preisverleihung des Vinzenzpreises in das Museum am Dom ein.