284 Frauen und Männer arbeiten im Caritasverband Haßberge im Bereich der Pflege. Ob stationäre Pflege, Tagespflege, mobile Kranken- und Altenpflege oder in daran angegliederten Bereichen. Am 12.5 ist der Tag der Pflege, um all diejenige zu würdigen, die in diesem Beruf tätig sind. Doch was bringt ein einziger Tag, wenn die Pflegekräfte und ihr Tun an 364 Tagen als selbstverständlich gesehen werden? Ein Interview mit Anke Schäflein, Geschäftsführerin des Caritasverbandes für den Landkreis Haßberge e. V.
Warum ist der „Tag der Pflege“ in diesem Jahr besonders hervorzuheben?
A. S.: Gerade jetzt führt uns die Corona-Pandemie vor Augen, wie anspruchsvoll gute Pflege ist und mit welchem enormen Einsatz Pflegekräfte ihren Dienst am Menschen leisten. Der heutige ‚Tag der Pflegenden‘ bietet eine Gelegenheit, ihnen allen unseren Dank und unsere Anerkennung auszusprechen. Die Anerkennung und Würdigung in Worten an einem einzigen Tag im Jahr genügt aber nicht– genauso wenig wie gelegentlicher Applaus, so gut dieser auch tun mag. Was es braucht, sind vor allem anderen nachhaltige Verbesserungen der Rahmenbedingungen im Pflegeberuf. Und gerade jetzt müsste sich noch mehr schnellstmöglich ändern
Was müsste sich ad hoc verändern, Ihrer Meinung nach?
A. S.: Vor allem durch die derzeitigen Lockerungen der Corona-Maßnahmen ist die Situation für die Pflegebedürftigen und die Mitarbeitenden in der Pflege wieder bedrohlicher. Aus meiner Sicht helfen – solange wir eben keine Impfstoffe oder effektive Behandlungsmöglichkeiten haben – nur regelmäßige PCR-Reihentestungen von Bewohnern von Pflegeheimen bzw. ambulant Gepflegten und Mitarbeitenden. Wir tragen als Gesellschaft Verantwortung dafür, dass wir alles tun, damit Pflegekräfte gesund bleiben. Dazu gehört auch, dass wir alles tun, möglichst frühzeitig ein Infektionsgeschehen zu erkennen. Aus meiner Sicht haben die Pflege-Mitarbeitenden das Recht und den Anspruch, dass wir als Gesamtgesellschaft alles tun, um Dunkelziffern möglichst niedrig zu halten. Das ist sicher nicht die einzige Maßnahme, die alles andere ersetzen kann. Aber sie ist eine überaus wertvolle, um die Ziele zu erreichen, die wir als Gesellschaft vereinbart haben: Möglichst kontrolliert mit der Pandemie umzugehen, um nicht Zustände wie in Norditalien und Ostfrankreich zu erleben. Regelmäßige Reihentestungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, ein virales Geschehen noch vor Symptombeginn zu erkennen und verschaffen damit kostbare Zeit, zu agieren und die Weiterverbreitung zu unterbinden. Aus meiner Sicht ist es tatsächlich fahrlässig, zur Verfügung stehende Testressourcen nicht zu nutzen – so, wie das in den letzten Tagen und Wochen geschieht.
Welche Themen müssten außerdem angegangen werden, um die Rahmenbedingungen in der Pflege zu verbessern?
A. S.: Hier halte ich es wie der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Herrn Peter Neher. Anerkennung drückt sich auch in guten Arbeitsbedingungen aus, in vernünftigen Schichtmodellen und ausreichender Personalausstattung. Gleichzeitig geht es um eine leistungsgerechte Bezahlung von Pflegekräften und aller in der Pflege, Betreuung und Service Zu- und Mitarbeitenden. Eine gute tarifliche Bezahlung und die Reduzierung der Arbeitsverdichtung sind der Dreh- und Angelpunkt für die dringend erforderliche Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege. Dazu brauchen wir eine leistungsfähige Pflegeversicherung, sonst schlägt jede Verbesserung für die Pflegekräfte finanziell auf die Pflegebedürftigen und ihren Familien durch, und das kann zu erheblichen sozialen Schieflagen führen.
Welche Chance sehen Sie in der aktuellen Corona-Krise für die Berufe in der Pflege?
A. S.: Die Corona-Pandemie zeigt deutlich, wie wichtig der Beruf der Pflegefachfrau oder des Pflegefachmann ist. Junge Menschen sehen: Alle, die an der Pflege mitwirken, auch Beschäftigte in der Hauswirtschaft, in der Verwaltung oder Haustechnik, sind systemrelevant. Das ist eine Chance, Berufe im Pflegebereich attraktiver für potenziellen Nachwuchs zu machen.
Christine Vogl