Am 30. August 1516 verfügte der Kölner Domherr und Theologe Dr. Valentin Engelhard, sein Vermögen solle Grundlage einer Pfründnerstiftung zugunsten alter und kranker Menschen in Geldersheim und Umgebung werden. Engelhard, so vermuten die Historiker, stammte selbst aus dem Dorf vor den Toren Schweinfurts und wusste um das harte Los der Landbevölkerung, zumal der altgedienten Mägde und Knechte. Wie es zuging an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert, stellte bei seinem Festvortrag Kreisheimatpfleger Guido Spahn detail- und kenntnisreich dar. Wie Leibeigene wurden die Landarbeiter von den wohlhabenden Bauern behandelt. Ihnen blieb wenig zum Leben und nichts für Alter und Krankheit. Mit seiner Stiftung legte der Sohn eines Geldersheimer Ziegelbrenners und spätere Kölner Domherr und Theologieprofessor an der dortigen Fakultät den finanziellen Grundstein für die Versorgung hinfälliger Frauen und Männer. Spenden und Zustiftungen weiterer Wohltäter folgten.
Wenngleich die Idee in der damaligen Zeit modern und zukunftsweisend war,. mit heutigen Standards kann das Leben in den ersten Jahrhunderten in St. Martin nicht verglichen werden, auch wenn es für die Menschen damals eine verbesserte Lebensqualität bedeutete, berichtet Barbara Schömburg. Sie leitet die traditionsreiche und überaus geschichtsträchtige Einrichtung der Caritas heute. Die Ausstattung sei schlicht gewesen: ein Schlafsaal für Männer, einer für Frauen und dazu ein Siechenzimmer; ein Verwalter sorgte für Ordnung. Die Verpflegung war vergleichsweise kärglich und bestand oft nur aus Brot und Wassersuppe; lediglich an Festtagen gab es Fleisch. Wer konnte, packte auf dem Hof mit an. Heute wäre es eine "Alters-WG" in christlichem Geist. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein sei die Einrichtung praktisch ein kleiner Wirtschaftsbetrieb gewesen, führte Schömburg aus.
Domkapitular Clemens Bieber verglich im Festgottesdienst die Weitsicht von Dr. Valentin Engelhard mit dem Engagement von Mutter Teresa. Es gehe nicht um theoretische Konstrukte und Ideologien, um die Welt besser zu machen, sondern um viele gute Taten. Engelhard habe bei seinem Eifer für die Theologie im fernen Köln die einfachen Menschen und ihre Not in Unterfranken nicht vergessen und mit seiner Stiftung ein Zeichen gesetzt, das bis heute sichtbar ist. Angesichts des demografischen Wandels wachse der Bedarf an Unterstützung im Alter; Kirche und ihre Caritas nehmen sich dieser Herausforderung seit Jahrhunderten an.
Für diesen Einsatz dankten auch Landrat Florian Töpper und Bürgermeister Oliver Brust. St. Martin sei mit seinen haupt- und ehrenamtlich Engagierten bis heute ein herausragendes Zeugnis christlicher Nächstenliebe. Es sei ebenso ein großer Gewinn, die Einrichtung mitten im Dorf zu haben, so werde Integration erst möglich. „Die Menschen können in unnerm Spitol in Würde alt werden“, sagte Bürgermeister Brust.
Eine Ausstellung gibt Einblick in Geschichte und Gegenwart des Alten- und Pflegeheims St. Martin und die Dr. Engelhard’sche Pfründnerspitalstiftung. Würzburg erinnerte sich in diesem Jahr an die Gründung des Bürgerspitals vor 700 Jahren. Die caritative Einrichtung in Geldersheim bringt es immerhin auf 500 Jahre.