Würzburg. Mit dem Besuch einiger Sozialeinrichtungen beendete Frater Johannes Ndunguru seinen Aufenthalt in Deutschland. Der 34-jährige Priester ist Caritasdirektor in Mbinga, der Würzburger Partnerdiözese im südwestlichen Tansania. Die Vielfalt der großen Caritasfamilie beeindruckte ihn sichtlich. Den über neunhundert Einrichtungen in der Diözese Würzburg, die dem Caritasverband angeschlossen sind und über 13.000 Personen hauptamtlich Beschäftigen, stehen in seiner Diözese gerade einmal eine junge Caritasstruktur mit zehn hauptamtlichen Mitarbeitern gegenüber.
Hatte Fr. Johannes am Vortag seinen Würzburger Kollegen, Caritasdirektor Martin Pfriem, und den St.-Markus-Hof des Caritas-Don-Bosco-Werks in Gadheim besucht, so begann sein letzter Tag in Deutschland mit einem Besuch im Haus für Kinder St. Hildegard und in der benachbarten gleichnamigen Fachakademie, in der Erzieherinnen ausgebildet werden. Mit großem Interesse ließ er sich alle Räume und Arbeitsbereiche zeigen. Dass selbst Kinder unter einem Jahr schon im Kindertagesstätten betreut werden, konnte der Gast aus Tansania kaum fassen. Kreativangebote wie Werken, Kunst und Musik - die Vielfalt der Anregungen und Möglichkeiten, die Kinder in Deutschland geboten bekommen - Fr Johannes quittierte es mit einem ungläubigen Kopfschütteln.
"Ihr macht so viel für die Menschen", so sein spontaner Kommentar, als er das Kontrastprogramm, die Würzburger Wärmestube und die Bahnhofsmission besuchte. Dass es arme, einsame und vor allem obdachlose Menschen in Deutschland gibt, die hier Hilfe finden, fiel ihm schwer zu glauben angesichts des Reichtums und der vielen Autos auf Würzburgs Straßen.
Burkhard Halbig, Pflegedienstleiter der Caritas-Sozialstation St. Franziskus, erklärte Fr. Johannes das System der ambulanten Krankenpflege. Einsame alte Menschen, gepflegt von fremden Personen und nicht von der eigenen Familie - für den tansanischen Caritaschef schwer nachzuvollziehen. Warum die Familien das nicht selber übernehmen, wollte er wissen. Was ist, wenn alleinstehende Personen sterben, wer kümmert sich um sie? In seinem Heimatbistum Mbinga am Grenzgebiet zu Mosambik leben die Familien zusammen, die Generationen helfen sich gegenseitig und benötigen keinen Hebelifter, Rollator oder andere Hilfsmittel im Bad.
Ein Besuch im Caritas-Seniorenzentrum St. Thekla zeigte ihm die vielfältigen Möglichkeiten der stationären Altenbetreuung. "Wer bezahlt das alles?" war seine mehrfach gestellte Frage. Das deutsche System der Mischfinanzierung aus öffentlichen Mitteln, Kirchensteuern, Tagessätzen der Kranken- oder Pflegeversicherungen und privaten Leistungen gibt es in afrikanischen Ländern nicht. Woher die Kommune ihr Budget nimmt, sah er nach einigen Besuchen aber schnell: Aus den Parkgebühren.
Den Abschluss der Caritastour bildete ein Besuch in der Fahrradwerkstatt des Erthal-Sozialwerks. Die Idee, mit dem Verkauf und der Reparatur von Fahrrädern Geld zu verdienen und damit gleichzeitig psychisch kranken Menschen Arbeit zu geben, fand er hervorragend. "Ein solches Geschäft könnten wir auch gut in Tansania brauchen". Werkstattleiter Hermann Lutz hätte er am liebsten sofort mit einer Grundausstattung an Rädern und Ersatzteilen mitgenommen. Und auch die Fahrradwaschanlage - einer von nur elf existierenden Automaten dieser Art in Deutschland - fand er sehr praktisch. Der rote Staub tansanischer Straßen würde ihr sicherlich eine rege Auslastung bescheren.