Keine Frage: Die zurückliegenden Wochen waren in vielen Arbeitsfeldern der Sozialwirtschaft fordernd. „Wir arbeiten an der Grenze“, hieß es regelmäßig aus Altenheimen, Krankenhäusern und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Verlängerte Schichten, keine entlastenden Besuche von Angehörigen und immer die Sorge im Kopf, das Virus könnte auch das eigene Haus erreichen. Mancherorts trat der Akutfall ein. Bewohner und Kollegen mussten in Quarantäne gehen, andere ins Krankenhaus gebracht werden, einige starben in Folge einer Corona-Infektion. „Das war purer Stress“, schrieb eine Teilnehmerin im Chat und berichtete offen von der angespannten Stimmung während des Lockdowns.
„Die Mitarbeiterinnen in helfenden und pflegenden Berufen jammern für gewöhnlich nicht, sondern packen an, gerade wenn es schwierig wird“, stellen Stefanie Eisenhuth und Annika Fiege, Präventionsfachkräfte bei der Caritas im Bistum Würzburg bzw. Münster fest. Aber das habe auch eine Schattenseite, denn wer zu viel unverdaut in sich „hineinfresse“, tue sich nichts Gutes oder nehme sogar Schaden an der Seele. Im Extremfall münde dies auch in Gewaltausbrüche verbaler und körperlicher Natur.
„Deshalb wurde der Wunsch an uns herangetragen, schnell und unkompliziert etwas anzubieten, das den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern guttut, sie unterstützt und ihnen auch für den Berufsalltag hilft“, erläutert Stefanie Eisenhuth den Hintergrund zum Online-Seminar „Psychohygiene – Händewaschen für die Seele“, das an diesem Donnerstag mit 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Bistümern Würzburg und Münster online stattfand. Vermittelt wurden unter anderem Ideen und Tipps zur Selbstfürsorge. „Da geht es um Sensibilität und Achtsamkeit für sich, die Kolleginnen und Kollegen und schließlich für die uns unvertrauten Menschen in den Einrichtungen der Caritas“, meint Annika Fiege. Die Expertinnen für Prävention sind sich einig, dass Erfahrungen von Frust und Aggressionen in Krisensituationen oftmals unumgänglich seien, aber nicht unreflektiert und unbearbeitet beiseitegelegt werden sollten. „Ein erster Schritt ist es, Menschen Räume zu eröffnen, in denen sie aussprechen können, was sie belastet und ärgert“, erklärt Annika Fiege. Das Seminar sei ein solcher Raum, auch wenn es ihn, aufgrund der Lage, nur virtuell gebe.
Viel Lob ernteten im Nachgang das zweistündige virtuelle Seminar und seine Organisatorinnen. Und die waren sich einig, dass solche Angebote über Bistumsgrenzen hinweg Zukunft haben. „Wir sind schon dabei, die nächsten Online-Seminare in Angriff zu nehmen“, sagt Stefanie Eisenhuth und dankt via Bildschirm der Kollegin im 300 Kilometer entfernten Münster.
Sebastian Schoknecht