Nach ihrem Abitur wollte Jenny Raab Lehramt studieren. Dann erfuhr sie von der Möglichkeit, ein freiwilliges Jahr im Mehrgenerationenhaus (MGH) zu machen und bewarb sich – eine Entscheidung, die ihr Leben verändert und in vollkommen neue Bahnen gelenkt hat. „Inzwischen weiß ich, dass ich beruflich unbedingt in den Bereich Hauswirtschaft möchte“, sagt die junge Frau ein Jahr nach ihrem Entschluss. Der Bundesfreiwillligendienst habe ihr sehr schnell gezeigt, was ihr wirklich Spaß macht, wo ihre Stärken liegen.
Ein vollwertiges Teammitglied
Möglichkeiten, dies herauszufinden und sich zu erproben, hatte sie reichlich, denn der Alltag im MGH Arnstein-Binsfeld ist alles andere als einseitig. Junge und ältere Menschen begegnen sich hier und lernen und profitieren voneinander. Da gibt es die Kindertagesstätte mit Schulkindbetreuung, den Mittagstisch für Senioren, Computerkurse, Strickkreise, musikalische Früherziehung und viele weitere kreative Angebote für die Dorfgemeinschaft. „Ich helfe dort, wo ich gebraucht werde“, erzählt Jenny Raab. „Mal bin ich in der Küche, mal erledige ich Büroarbeiten, mal übernehme ich betreuerische Aufgaben in der Kindertagesstätte.“ Dadurch ist die 22-Jährige schnell zu einem festen Bestandteil der „MGH-Familie“ rund um Koordinatorin Yvonne Winbeck geworden. Die Senioren freuen sich über ein kleines Schwätzchen beim Mittagessen mit ihr, die Kleinsten umringen sie, sobald sie die Kindertagesstätte betritt. „Unsere Bufdis sind vollwertige Teammitglieder, ohne die vieles hier nicht machbar wäre und ohne die wir unsere Angebote nicht so vielseitig halten könnten“, sagt Yvonne Winbeck. „Sie sind Teil unserer kleinen Familie.“
Herzlichkeit und Offenheit
Ein Teil der MGH-Familie zu sein, dieses Gefühl hat Jenny Raab tatsächlich. Das Miteinander im MGH sei sehr herzlich, schwärmt sie. Ihren Bundesfreiwillligendienst hat sie daher um ein halbes Jahr verlängert. Auf diese Weise kann sie sich noch stärker in dem Bereich engagieren, der ihr besonders Spaß macht: die Planung, Kalkulation und Umsetzung der Speisen. Für die Kleinen gibt es täglich ein 2-Gang-Menü, für die Senioren drei Gänge. Gesund und Frisch sollen die Speisen sein, aber eben nicht das Budget sprengen. „Jeder soll sich bei uns ein Essen leisten können“, betont die Leiterin des MGHs. „Seit Jenny uns gesagt hat, dass sie nach dem Bundesfreiwilligendienst beruflich in den Bereich Hauswirtschaft will, geben wir ihr verstärkt Aufgaben in diesem Bereich“, erklärt Yvonne Winbeck. „Sie darf selbstständig planen, einkaufen und kochen, es ist aber natürlich immer jemand da, wenn sie Hilfe braucht.“ Flexibilität und Offenheit werden hier groß geschrieben.
Bundesfreiwilligendienst in Teilzeit
Auch Christine Reich war bis vor kurzem Bundesfreiwilligendienstleistende im MGH Arnstein-Binsfeld. Die 50-Jährige musste ihren Beruf als Köchin aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Der Bundesfreiwilligendienst in Teilzeit war für sie die ideale Alternative. „Ich habe hauptsächlich gekocht, gespült und serviert“, erzählt sie. Dass sie sich mit 50 Jahren für den Bundesfreiwilligendienst entschieden hat, sorgte für Verwunderung in ihrem Umfeld. „Viele haben mich gefragt, ob ich denn 18 sei“, erzählt sie mit einem Lachen. Einigen sei einfach noch nicht bewusst, dass der Bundesfreiwilligendienst keine Altersbegrenzung hat. „Er kann ab 16 Jahren für sechs bis 18 Monate geleistet werden“, erklärt Gerlinde Reuter, Sachbearbeiterin Bundesfreiwilligendienste beim Caritasverband für die Diözese Würzburg. Die Freiwilligen sind sozialversichert und haben bezahlten Urlaub. Auch das Kindergeld kann von den Eltern weiterhin bezogen werden. Bei den fünf einwöchigen Bildungsseminaren haben sie die Gelegenheit, sich mit anderen Bufdis auszutauschen. „Das hat mir immer viel gebracht, weil man auch gute Anregungen mitnimmt“, sagt Jenny Raab.
Ab November bekommt sie Unterstützung durch einen zweiten Bufdi, einen jungen Mann. „Wir haben für März 2016 auch noch eine Anfrage von einer Frau Mitte 40, die sich neu orientieren möchte“, berichtet Yvonne Winbeck. Soziales Engagement ist eben keine Frage des Alters.
Ansprechpartnerin für den Bundesfreiwilligendienst im Diözesancaritasverband ist Gerlinde Reuter (gerlinde.reuter@caritas-wuerzburg.de). Ein Einstieg ist jeweils zum 1. eines Monats möglich. Innerhalb der Diözese Würzburg sind noch Plätze frei.
Infos zum MGH Arnstein-Binsfeld finden Sie unter www.mgh.binsfeld-ufr.de