Würzburg (POW) Zum 50. Mal jährt sich in diesem Jahr die Verabschiedung des vielleicht wichtigsten Dokuments der Würzburger Synode (1971-1975): „Unsere Hoffnung. Ein Bekenntnis zum Glauben in dieser Zeit“. Es war der Versuch, den Glauben nicht nur formelhaft zu bekennen, sondern vor den Zeichen der Gegenwart Rechenschaft zu geben über die Hoffnung, die das Christsein trägt.
Artikulieren sich in diesem Dokument fundamentale theologische Grundanliegen, denen man sich in der Gegenwart weiterhin verpflichtet fühlen muss? Und wenn ja: Inwiefern spielen diese Motive in der heutigen Kirche und ihren Theologien noch eine Rolle? Mit diesen Fragen haben sich am Freitagabend, 26. September, als Teil einer Domschultagung zu dem Text im Würzburger Burkardushaus die Dogmatikerin Professorin Dr. Margit Eckholt (Universität Osnabrück), der Pastoraltheologe Professor Dr. Norbert Mette (Universität Dortmund), der Politikwissenschaftler und Philosoph Professor Dr. Otto Kallscheuer (Sassari) sowie Bischof Dr. Franz Jung auseinandergesetzt. Professor Dr. Matthias Reményi, Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät Würzburg, moderierte die Podiumsdiskussion. Die Veranstaltung war eine Kooperation der Domschule Würzburg in Zusammenarbeit mit dem iths Institut für Theologie und Sozialethik der TU Darmstadt, der Systematischen Theologie der Technischen Universität Dortmund, der Systematischen Theologie der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie des Lehrstuhls für Fundamentaltheologie der Universität Würzburg.
„Es ist nötig, das Nichts zu durchqueren, um in der Realität anzukommen und Hoffnung neu zu lernen“, analysierte Eckholt die aktuelle Situation der Kirche. Die Würzburger Synode habe sich bereits damit beschäftigt, wie der Bruch von Glauben und Leben überwunden werden könne. Bischof Jung erklärte, er habe den Text „Unsere Hoffnung“ eher zufällig entdeckt. Er sei eine gute Richtschnur, wenn es um die Frage gehe, wie treue und zugleich lebendige Tradition geschehe. Ohne eine solche Besinnung laufe die Kirche angesichts zahlreicher gesetzlicher Vorgaben von außen Gefahr, immer schneller ein behördliches Erscheinungsbild zu entwickeln.
Kallscheuer wertete das Dokument als einen Bekenntnistext, der eine schmerzliche Vorschau auf das Ende der Volkskirche gebe. Papst Franziskus habe mit seinem synodalen Stil versucht, daran anzuknüpfen, indem er eine Methode jenseits eines parlamentarischen Stils eingeführt habe. Bei dieser gehe es nicht um das Organisieren von Mehrheiten, sondern um einen Weg hin zu einem gemeinsamen Verstehen. Mette, der als damaliger Assistent den Textentwurf zu „Unsere Hoffnung“ von Johann Baptist Metz Korrektur las, sagte, der Text sei bis heute wegweisend.
Es müsse aber darüber geredet werden, was Menschen von heute unter „hoffen“ verstehen. Wahre Synodalität beginnt für Mette „von unten, bei den einfachen Leuten“. Auch Eckholt warb dafür, im Miteinander einen Weg der Nachfolge Christi zu gehen. „Wir müssen Raum geben, wo wir der Frage nachgehen können: Wo will Neues wachsen?“ Bischof Jung kritisierte in diesem Zusammenhang, dass beim Synodalen Weg kein einziger Bistumsvertreter ohne Abitur dabei war. Für Mette ist die Umstellung der Entscheidungsfindung in Kirchenkreisen ein längerer und „wahnsinnig tiefgreifender Lernprozess“. Geradezu prophetisch und nach wie vor aktuell sei in diesem Kontext Karl Rahners Buch „Strukturwandel als Chance und Aufgabe“ aus dem Jahr 1970.
In der Schlussrunde zogen die Fachleute auf dem Podium ihre Schlüsse aus dem Dokument der Würzburger Synode. Eckholt plädierte dafür, die Erfahrung der Menschen als Kirche nicht außen vor zu lassen. Der Bischof erinnerte daran, dass Papst Franziskus in „Evangelii Gaudium“ für eine „heilsame Dezentralisierung“ geworben habe. „Allerdings hat er später nie ausgeführt, was genau er darunter versteht.“ Mette erinnerte an eine wichtige Stelle in der Apostelgeschichte. Als Petrus und Paulus beim Apostelkonzil ihren Streit beilegen, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, um Jesus nachzufolgen, stellen sie den Aussagen voran: „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen…“
mh (POW)
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