Zur ihrer Sommersitzung traf sich die Vertreterversammlung der unterfränkischen Caritas am Freitag, 22. Juli 2022, online. Verantwortliche Frauen und Männer aus allen Ebenen und allen Regionen des Bistums arbeiteten eine lange Tagesordnung engagiert ab, die sich im Folgenden nur teilweise spiegelt.
Domkapitular Clemens Bieber begrüßte die Mitglieder der Vertreterversammlung an ihren Bildschirmen. Angesichts der kritischen Coronalage biete sich das virtuelle Treffen an. Ein besonderer Gruß galt der Ehrenvorsitzenden, Landtagspräsidentin a. D. Barbara Stamm.
Leuchtturm St. Anton
In seinem geistlichen Impuls nahm Bieber zum Einstieg das neue St. Anton in Schweinfurt in den Blick und würdigte das Projekt „casa Vielfalt“ als Leuchtturm in der Vernetzung von Caritas und Pastoral. Die gelungene Architektur zeige, dass der liturgische Gottesdienstraum der Mittelpunkt sei, von dem aus der Weg zu den sozialen Diensten, Einrichtungen und Beratungsstellen führt. „Die Menschen gehen also gleichsam in die Kirche, wenn sie Hilfe suchen!“ Gleichzeitig ist der Gottesdienstraum, Hinweis auf die Quelle der Kraft und der Zuversicht, auch Ausgangspunkt für die beruflichen wie auch ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihrem Weg zu den Menschen. „Gottes- und Nächstenliebe, Gottes- und Nächstendienst gehörten zusammen. Die Menschen sollen erfahren können, woher wir kommen, wenn wir ihnen beistehen und ihnen helfen. So wird deutlich: Die Caritas ist nicht irgendein Anbieter auf dem sogenannten sozialen Markt.“ Die Investition habe sich gelohnt. „Jeder Euro, der hier eingesetzt wurde, sei es wert“, erinnerte Bieber an das Wort des Bischofs bei der Segnung des Zentrum im April.
plento. Ganzheitliche Gesundheitsseminare
Wie wichtig die Sorge um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter dem Dach der Caritas ist, und welche Rolle auch spirituelle Ressourcen spielen können, machte Michael Biermeier, Referent für Bildung und Veranstaltungen, deutlich und stellte das Angebot plento vor. „Das Kurhaus der Caritas in Bad Bocklet ist ein guter Ort, um auftanken zu können.“ Biermeier lud ein, sich das renovierte Haus anzuschauen und sich am besten für einige Tage körperlich und geistig zu erholen. Die Angebote unter der Bezeichnung plento seien konzipiert für Menschen in besonders fordernden Berufen. „Ich lege die Resilienzförderung gerade auch Pflegekräften ans Herz und weise darauf hin, dass die Seminare als Modellprojekt in diesem Jahr gut bezuschusst werden vom Freistaat und zum Teil auch von den Krankenkassen.“ Dank gelte Barbara Stamm für die vielfältige und hilfreiche Vermittlung in Richtung Politik.
Mehr Unterstützung für Flüchtlinge
Über neue Förderangebote des Freistaats freute sich Thomas Kipple, Referent für Flüchtlings- und Integrationsberatung. Angesichts der etwa 900 000 Geflüchteten aus der Ukraine, die seit Ende Februar nach Deutschland gekommen sind, stockt auch Bayern vorübergehend Stellen auf. „Die Finanzierung hat sich sehr verbessert“, stellte Kipple fest. „Das größere Problem ist es, die neuen Stellen zu besetzen, denn es fehlt überall an Bewerberinnen und Bewerbern.“ Neu sei auch die Einrichtung der Stelle eines Asylverfahrensberaters aus Mitteln des Freistaats. „Er wird Geflüchtete auf das obligatorische Gespräch beim Bundesamt für Migration und Geflüchtete (BAMF) vorbereiten.“ Wiedersprüche und Gerichtsverfahren sollten auf diese Weise möglichst vermieden werden.
Auch der Deutsche Caritasverband (DCV) hat Mittel an die unterfränkische Caritas gegeben, um Projekte für Geflüchtete aus der Ukraine zu ermöglichen. „Wir unterstützen deshalb in der Diözese Projekte in Aschaffenburg, Würzburg und der Region Rhön-Grabfeld“, so Kipple. Es gehe um Sprachkurse, die Vorbereitung für den Einstieg in den Arbeitsmarkt, um Wohnungen und Gesundheitsmaßnahmen. Er vermute, so Kipple, dass viele, die aus besonders zerstörten Regionen gekommen seien, lange bleiben werden. „Eine gute Integration ist uns ein wichtiges Anliegen.“
Caritas-Geschäftsführerin Angelika Ochs dankte herzlich für die Unterstützung des Diözesanverbandes bei der Flüchtlingsarbeit in Rhön-Grabfeld. Es sei gut, wie hier Caritas und Kirche, Staat und Gesellschaft für die Menschen zusammenwirkten.
Sozialraumorientierung (SRO)
Um Vernetzung gehe es auch beim Konzept Sozialraumorientierung erläuterte Referentin Christiane Holtmann und berichtete aus der Arbeit der gemeinsamen Projektgruppe aus Diözesanverband und Ordinariat. „Wir sind mit Werkstätten unterwegs in den neuen Pastoralen Räumen unseres Bistums, um das Konzept vorzustellen und nach Möglichkeit bei den Akteuren vor Ort zu verankern.“ Es geht um eine Haltung, die den Menschen mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt stellt. Eine leitende jesuanische Frage sei „Was willst Du, das ich Dir tue?“ Kirche und Caritas wollen Räume für Menschen öffnen. „Die große Herausforderung: Alles wird weniger. Weniger Ressourcen, weniger Personal, weniger Ehrenamtliche. Viele haben fälschlicherweise den Eindruck, etwas zusätzliches leisten zu müssen“, so Holtmann.
Einen kritischen Blick warf Anke Schäflein, Geschäftsführerin des Caritasverbandes Haßberge auf die Bemühungen. „Die Zahl der Motivierten im Pastoralen Raum ist klein und die der Geistlichen, die sich dabei einbringen, geht gegen Null.“ Unter diesen Bedingungen dürfte es sehr schwer sein, das Konzept Sozialraumorientierung zu etablieren und Caritas und Pastoral miteinander zu verzahnen. Er sehe die Schwierigkeiten auch, unterstrich Domkapitular Bieber. „Ich möchte dennoch ermutigen, in den Bemühungen nicht nachzulassen. Wir arbeiten an dieser Stelle ganz im Sinne unseres Bischofs, dem sowohl die Verzahnung als auch das Konzept Sozialraumorientierung echte Anliegen sind. Wir dürfen, wie auch bei anderen wichtigen Fragen, nicht resignieren.“
Jahresabschluss
Als Lichtblick erwiesen sich die Ausführungen von Abteilungsleiter Andreas König. König sprach über die aktuelle Finanzlage und konnte angesichts gewaltiger Herausforderungen auf eine gute Bilanz verweisen. Der Vorsitzende der Finanzkommission im Caritasrat, Dr. Rudolf Fuchs, würdigte die gute Arbeit. „Das ist angesichts der sehr schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen für die Caritas ein großartiges Ergebnis.“ Darin spiegele sich aber die großer Kraftanstrengung vorgenommenen Einsparungen im DiCV, ohne dass die Qualität der Arbeit nachgelassen hat. Fuchs dankte unter dem digitalen Beifall der Vertreter dem Vorstand und der Leitungskonferenz für ihre großartige Arbeit in den sehr schwierigen Jahren 2020 und 2021. „Aber wir wissen, dass die nächsten Jahren nicht einfacher werden“, so Finanzexperte Fuchs.
König verwies auf anstehenden, dringend erforderlichen Investitionen in Millionenhöhe. „Wir müssen auf unserem Simonshof in Bastheim loslegen und haben in wenigen Jahren weitere Baustellen.“
Mitreden auf Bundesebene
Für die Delegiertenversammlung auf Bundesebene wurden Anke Schäflein (Caritas Haßberge), Dr. Anke Klaus (Sozialdienst katholischer Frauen) und Andreas Halbig (Geschäftsführender Direktor der Caritas-Don Bosco gGmbH) gewählt. Sie nehmen insbesondere die Anliegen der Orts- und Kreisverbände, der Fachverbände sowie der caritativen Orden und Gesellschaften in der Diözese Würzburg mit ins große Netzwerk des Deutschen Caritasverbandes.
Eine neue Grundordnung
Anschließend stellte Abteilungsleiterin Angela M. Lixfeld den Entwurf einer neuen Grundordnung für den kirchlichen Dienst vor und gleichzeitig zur Diskussion. Größter Streitpunkt: „Wie sollen wir damit umgehen, wenn ein Mitarbeiter bewusst aus der Kirche austritt?“ Die Vertreterinnen und Vertreter nutzten die Gelegenheit zum intensiven Austausch und forderten den Diözesan-Caritasverband auf, bis zum Herbst eine Stellungnahme auf Bundesebene abzugeben. „Wir sehen den Willen zur Veränderung und zum Fortschritt“, sagte etwa Stefan Weber, Geschäftsführer des Caritasverbandes Würzburg, dennoch bleibe manches unausgegoren. Begriffe seien nicht eindeutig, monierten andere. „Eine einladende und wohlwollende Sprache sei erforderlich“, meinte Geschäftsführerin Anke Schäflein und erfuhr dafür Zuspruch. Kerstin Celine kritisierte, dass durch die Hintertür der private Bereich, der geschützt werden sollte, doch wieder Thema werde. In dieser Form, das wurde mehrfach bemängelt, sei der Text nicht rechtssicher und könnte den Fach- und Arbeitskräftemangel eher noch befördern. „Wir werden uns weiterhin mit der Grundordnung befassen“, sagte Angela M. Lixfeld für die Leitungskonferenz im Diözesanverband zu. Domkapitular Clemens Bieber fasste die lange und leidenschaftliche Diskussion zusammen. Der DiCV Würzburg wird mit einem kurzen Schreiben darauf hinweisen, dass die Grundordnung sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der verfassten Kirche gelten wird wie auch für den noch weitaus größeren Kreis der Mitarbeitenden im Bereich der Caritas. Deswegen sollten beide Bereiche mitbedacht werden, wenn es hoffentlich nochmals zu einer Diskussion um die Grundordnung kommen wird.“
Zehn Zusagen
Als grundsätzlich und weitgehend gelungen wurden hingegen die „Zehn Zusagen“ an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas bewertet, ein Papier, das auf Ebene des Deutschen Caritasverbandes erarbeitet und abgestimmt wurde. Auch über diesen Tagesordnungspunkt wurde engagiert diskutiert. Im Diözesanverband sei der Klärungsprozess noch nicht endgültig abgeschlossen. „Wir suchen nach einem guten Weg, diese Zusagen, die zum Großteil längst Standard sind, umzusetzen und weiterzugeben“, so Vorsitzender Clemens Bieber.
Für den Einsatz und die mehrstündige konzentrierte Teilnahme an den Bildschirmen dankte Domkapitular Clemens Bieber. „Ich wünsche nun allen eine erholsame und gesegnete Zeit.“
Sebastian Schoknecht