Auf 100.000 wird die Zahl osteuropäische Haushaltshilfen in bundesdeutschen Haushalten geschätzt. Nur zwei Prozent von haben legale Arbeitsverhältnisse. Ein unmöglicher Zustand, kritisiert der Deutsche Caritasverband. Die Rechtlosigkeit mache die Frauen verwundbar und verhindere eine soziale Absicherung. Die Caritas fordert daher ein Vorziehen der sogenannten EU-Dienstleistungsfreiheit, die für 2011 geplant ist.
2,2 Millionen pflegebedürftige Menschen gibt es zur Zeit in Deutschland. Fast siebzig Prozent von ihnen werden zu Hause betreut, die meisten von Angehörigen. Angehörige brauchen hierbei Entlastung und Unterstützung, sei es für einige Stunden am Tag, sei es rund um die Uhr. Da die Leistungen der Krankenkassen und der Pflegeversicherung diese Kosten jedoch nur zu einem geringen Teil decken, engagieren immer mehr Familien kostengünstige Haushaltshilfen aus Mittel- oder Osteuropa. Hierzu hat der Deutsche Caritasverband das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung in Köln (dip) mit einer Studie beauftragt. Es ist die erste umfassende empirische Studie, die sowohl die Situation der Familien als auch die Einschätzung der ambulanten Pflegedienste zu diesem Thema verdeutlicht. Die Studie zeigt deutlich, dass der Bedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung größer ist als im Bereich der Pflege. Fast 60 Prozent der Familien nutzen neben der hauswirtschaftlichen Hilfe die Angebote eines ambulanten Pflegedienstes.
Die deutsche Sozialgesetzgebung hat sich auf diese Situation jedoch noch nicht eingestellt. Die Aufteilung in Leistungen der Krankenversicherung und Pflegeversicherung geht an der Realität vorbei, stellt die Studie fest. So darf z.B. ein Angehöriger seinem pflegebedürftigen Familienmitglied Medikamente geben, eine Haushaltshilfe müsste hierfür auf den ambulanten Pflegedienst warten. Das gleiche gilt für Körperpflege, Hilfe beim An- und Ausziehen oder Zubettgehen. Diese Bereiche der Alltagsbegleitung, so die Caritas, könnten jedoch auch Haushaltshilfen nach entsprechender Einweisung übernehmen.
Pflegekräfte und Haushaltshilfen sollen sich ergänzen, nicht konkurieren
Die Einstellung der meist osteuropäischen Frauen dürfe keine Sanktionen nach sich ziehen, fordert auch Georg Sperrle, beim Würzburger Diözesan-Caritasverband Fachberater für die ambulanten Pflegeeinrichtungen. „Natürlich bedarf es hierfür der Schaffung von Qualitätsstandards. So müssen die ausländische Haushaltshilfen die deutsche Sprache beherrschen und über eine pflegerische Grundausbildung verfügen. Die Einbeziehung professioneller Pflegedienste gewährleistet zudem die Sicherung der Qualität.“ Eine Stigmatisierung von Anbietern, die Haushaltshilfen auf der Basis EU-rechtlicher Arbeitsbedingungen vermitteln, sei wenig hilfreich. Die Politik müsse hier rechtliche Lösungen anbieten, die Familien bräuchten mehr Hilfe und Entgegenkommen von den Arbeitsagenturen und Finanzämtern. Die Caritas kann sich sogar mithilfe kommunaler Kombilöhne eine Subventionierung solcher Arbeitsbereiche vorstellen, um den häuslichen Fürsorgemarkt auszubauen und den wachsenden Bedarf mit einheimischen Kräften bedienen zu können, erklärt Sperrle. Dies würde neue Chancen in der Arbeitsmarktpolitik eröffnen, denn es sei weder realistisch, die Kosten einer 24-Stunden Pflege mit Pflegefachkräften zu bezahlen, noch gibt es hierzu das Personal in der erforderlichen Menge.
Unser Nachbarland Österreich ist da schon einen Schritt weiter. Ausländische Haushaltshilfen wurden dort legalisiert und müssen zur Sicherung eines Qualitätsstandards durch professionelle Pflegedienste begleitet werden. Doch auch bei diesem Modell betragen die monatlichen Kosten ca. 1.600 Euro zuzüglich Kost und Logie, weiß Sperrle. Und die Kehrseite der Medaille: In der Slowakei, Moldawien und der Ukraine fehlen bereits viele Pflegekräfte.