Münsterschwarzach (POW) Pater Dr. Anselm Grün ist seit Jahrzehnten eine Marke, Medien bezeichnen ihn als „Phänomen“, „Glückspater“, „spirituellen Superstar“, „Influencer Jesu“ oder „Schreibmaschine Gottes“. Der Benediktinermönch ist der erfolgreichste Autor spiritueller Werke in Deutschland: Mehr als 400 Bücher mit seiner Beteiligung haben sich insgesamt über 20 Millionen Mal verkauft und wurden in 31 Sprachen übersetzt, schreibt das Würzburger katholische Sonntagsblatt in seiner aktuellen Ausgabe. Er hält bis heute rund 200 Vorträge pro Jahr, die bis nach Taiwan und in die USA ausverkauft sind. Trotzdem wirkt der Mönch geerdet, demütig und bescheiden. Am Dienstag, 14. Januar, feiert er seinen 80. Geburtstag.
Grüns Familie hat ihre Wurzeln in der Eifel. Vater Wilhelm Grün wurde 1899 geboren, wuchs im Ruhrgebiet auf und zog in den 1920er Jahren nach München. Mutter Mathilde, Jahrgang 1910, kam direkt aus der Eifel nach München. 1935 heirateten die Eltern, 1939 bauten sie ein Haus in Lochham bei München. In den Familien beider Eltern gab es Ordensleute. Einer davon, Benediktinerpater Sturmius, der Bruder des Vaters, prägte Grün ganz besonders – bereits vor der Geburt: Als das Haus der Grüns 1944 bei einem Luftangriff beschädigt wurde, vermittelte Pater Sturmius eine Unterkunft im kleinen Ort Junkershausen im Landkreis Rhön-Grabfeld. Deshalb ist Grün gebürtiger Unterfranke: Er kam dort am 14. Januar 1945 als viertes von sieben Kindern zur Welt. Wie der Vater heißt er Wilhelm, wird in der Familie aber seit jeher „Willi“ gerufen. Ein halbes Jahr nach seiner Geburt zog die Familie zurück nach Lochham.
Das Familienleben beschreibt Grün als streng katholisch. Die Familie engagiert sich ab 1947 für den Bau einer Kirche im stark wachsenden Lochham: Direkt neben dem Elternhaus entstand Sankt Johannes Evangelist, wo Willi Grün 1955 die Erstkommunion empfing. Bereits damals wollte er Priester werden. Auf Vorschlag seines Onkels Pater Sturmius besuchte Willi Grün das Internat Sankt Ludwig bei Wipfeld, in dem bis 1963 der Nachwuchs des Kosters Münsterschwarzach ausgebildet wurde.
Nach dem Abitur am Riemenschneider-Gymnasium in Würzburg trat er 1964 in das Noviziat der Abtei ein. Sein Ordensname Anselm erinnert an Anselm von Canterbury. Von 1965 bis 1971 studierte er Philosophie und katholische Theologie in Sankt Ottilien und an der Benediktinerhochschule Sant’Anselmo in Rom. 1974 wurde Grün zum Doktor der Theologie promoviert, seine Dissertation befasst sich mit dem Thema „Erlösung durch das Kreuz“.
Das Leben im Kloster beschreibt Grün heute als autoritär: „Früher gab es unter der Decke oft Konflikte, die nie angesprochen wurden.“ Mittlerweile sei vieles offener: „Wir kommen mehr miteinander ins Gespräch und interpretieren die Benediktsregel in der heutigen Zeit.“ Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es auch in den Orden große Umwälzungen, viele Brüder verließen die Gemeinschaft. Mit Pater Fidelis Ruppert entdeckte Grün in den 1970er Jahren das Mönchsein neu. Sie beschäftigten sich mit der Lehre der Wüstenväter, den Werken des Psychoanalytikers Carl Gustav Jung und fernöstlicher Meditation. In Gesprächen und Vorträgen entwickelten sie neue Konzepte des Mönchseins, besannen sich zum einen auf alte Rituale zurück, verbanden sie aber auch mit modernen Erkenntnissen der Psychoanalyse.
Parallel zur neuen Spiritualität im Kloster wurde Grün 1977 Cellerar und leitete 36 Jahre lang die Wirtschaftsbetriebe des Klosters. „Konfliktfähigkeit war sicherlich nicht meine größte Stärke. Wir haben in der Familie immer viel Harmonie gelebt“, erzählt er heute. Als Cellerar habe er gelernt, mit Konflikten umzugehen: „Ich glaube, die sanfte Art war auf Dauer wirksamer, als Konflikte hart durchzukämpfen. Ich habe immer versucht, Kompromisse zu schließen und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.“ 1976 veröffentlichte er sein erstes Buch. Mit Büchern, Vorträgen und Geldanlage an der Börse hat er dem Kloster viele Millionen Euro eingebracht. Eine genaue Zahl nennt er jedoch nicht. „Geld ist nicht dazu da, reich zu werden, sondern damit man etwas für die Menschen tun kann, ob das im Gästehaus, in der Schule oder in anderen Bereichen ist.“ Die wirtschaftliche Leitung liegt mittlerweile in anderen Händen. „Aber bei großen Investitionen entscheidet der gesamte Konvent.“
„Meine Kraftquellen sind der Glaube, der Rhythmus im Kloster und die Leidenschaft, den Menschen heute die Botschaft Jesu zu verkünden“, sagt Grün. Seinen Geburtstag feiere er in Münsterschwarzach, mit Kaffee in der Verwaltung, einer Feier im Konvent und am 18. Januar mit einem Symposium zum Thema Hoffnung, zu dem der Islamwissenschaftler Ahmad Milad Karimi, Psychoanalytiker Bernd Deininger, Hsin-Ju Wu aus Taiwan und Unternehmer Bodo Janssen kommen. „In einer Zeit, die so hoffnungsarm ist, ist das Thema sehr aktuell“, sagt der Jubilar. Für den Abend sei eine konzertante Lesung in der Kirche mit Bands und Texten von ihm geplant. Sie beginnt um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei. „Das ist dann mein Geburtstagsgeschenk an die Menschen“, sagt Grün lachend.
raru (Würzburger katholisches Sonntagsblatt)
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