Am Gedenktag des heiligen Thomas, dem 3. Juli, fand in diesem Jahr die traditionelle Wallfahrt der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfe und der Jugendsozialarbeit des Caritasverbandes für die Diözese Würzburg (AGkE) statt. Wie alle zwei Jahre üblich, waren dieses Mal auch wieder die Kolleginnen und Kollegen aus dem Caritasverband für die Diözese Würzburg e. V. (DiCV Würzburg) eingeladen, an der Wallfahrt, die dieses Mal unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“ rund um Kloster Oberzell stattfand, teilzunehmen. Rund 90 Personen aus den AGkE-Mitgliedseinrichtungen aus ganz Unterfranken und aus dem DiCV waren der Einladung zur Wallfahrt durch AGkE-Geschäftsführerin Sabrina Göpfert gefolgt.
Obwohl Regenschauer pünktlich zum Auftakt der Wallfahrt um 9.30 Uhr einsetzten, trübte das keineswegs die vorfreudige Stimmung auf den anstehenden Tag und das Wiedersehen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. „Wir sind mit Schirmen und Regenjacken gut ausgerüstet“, erklärte eine Kollegin aus dem DiCV. Nach der starken Hitze des Vortages wurde der Regen von oben daher vielen sogar zur Wohltat. Für die, die keinen Schirm dabeihatten, gab es zudem eine schnelle Lösung: Franziskanerschwester Katherina Ganz lief umgehend ins Kloster zurück und verteilte anschließend geeigneten, bunten Regenschutz an diejenigen, die keinen Schirm dabeihatten.
Begrüßung und Start der Wallfahrt
Nach einer herzlichen Begrüßung durch AGkE-Geschäftsführerin Sabrina Göpfert und Schwester Philippa Haase von den Oberzeller Schwestern, die sich gemeinsam mit Christiane Holtmann, Referentin für Sozialpastoral und Engagementförderung im DiCV, und der AGkE für die spirituellen Impulse auf der Wallfahrt verantwortlich zeigte, schickte Domkapitular Clemens Bieber die Teilnehmenden mit einem Reisesegen und guten Wünschen auf die rund drei Kilometer lange Pilgerfahrt durch die Naturlandschaft rund um Kloster Oberzell. Dann zogen die Wallfahrer mit dem Lied „Brich auf, bewege dich“ zu ihrer ersten Station, dem Kloster Unterzell, los.
Mit Blick auf das Leben von Ordensgründerin Antonia Werr, die sich Zeit ihres Lebens für Frauen in schwierigen Lebenssituationen einsetzte, lenkte Sr. Philippa den Blick der AGkE-Wallfahrer an der ersten Station auf die vor ihnen liegende Ruine. „Es gilt, sich dem Trümmerhaufen zuzuwenden, seinen Wert zu erkennen, diesen wieder neu zuzusprechen und sichtbar zu machen“, so die Oberzeller Franziskanerin. So wie Antonia Werr es einst getan hatte, lud sie die Teilnehmenden dazu ein, in Kontakt mit dem Zerbrochenen zu gehen und deren vermeintlich unentdeckte Schönheit zu erkennen. Dieses Bild übertrug sie gleichsam auf die Arbeit der Menschen aus der Kinder- und Jugendhilfe, die tagtäglich mit besonderen Schicksalen konfrontiert seien und dennoch das Beste daraus machen. Bevor es zur nächsten Station ging, waren alle eingeladen, sich einen Stein auf den Weg mitzunehmen und damit „auf Tuchfühlung mit dem Zerbrochenen zu gehen“.
Stationen mit spirituellen Impulsen
Zweite Station war die ehemalige Mühle in Zell als Symbol für Reinigung, Verwandlung und Erneuerung. Nun kam der Stein aus der Ruine zum Einsatz. Auf vorbereiteten Holzplatten war zunächst nur blaue Farbe zu sehen. Mit ihrem Stein sollten alle Teilnehmer diese Farbe abkratzen – hervor kam ein Bild von Antonia Werr sowie ermutigende Worte als Gedankenanstoß, im eigenen Leben auch etwas zuzulassen und etwas im Inneren, im Leben freizulegen, was verborgen oder verschüttet, vielleicht auch noch nie offensichtlich war, nie hervortreten konnte oder durfte. „Doch du liebst mich, du lässt mich nicht los. Vater, du wirst bei mir sein‘, diese Zeile aus dem Lied ‚Meine Zeit steht in deinen Händen‘ zeigt die Kraft, mit der unsere innere Mühle angetrieben wird“, so Sr. Philippa an dieser Station. Auch Antonia Werr habe diese Kraft gebraucht. „Der Herr, der Starke, wird mit mir sein und für mich wider alle meine Feinde kämpfen“ heißt es weiter in dem Lied und diese Gewissheit habe sie bei der Entdeckung und Umsetzung ihrer Berufung genauso wie bei Übersetzung ihres Glaubens in glaubwürdiges Handeln getragen.
Letzte Station auf dem Weg der Wallfahrer war die Quelle im Innenhof des Klosters Oberzell, die als Ort der Begegnung und der lebendigen Gegenwart gleichsam für das Ankommen, die Erfrischung, Neuanfang und Geborgenheit im Kloster stehe, so Sr. Philippa. „Diese Quelle erinnert uns an die vielen Menschen, die hier Trost, Stärke und einen Neuanfang gefunden haben – allen voran Antonia Werr, die Gründerin der Kongregation der Dienerinnen der Heiligen Kindheit Jesu“, erklärte sie.
Ihren Stein, den die Teilnehmenden während der Wallfahrt eingesammelt und mitgetragen hatten, durften sie nun an der Quelle ablegen. „Beim Ablegen des Steines lasst los, was euch belastet und öffnet euch für die erfrischende und erneuernde Kraft, die von diesem Ort ausgeht“, ermutigte Sabrina Göpfert zur Mitmachaktion.
Gemeinsamer Gottesdienst in der Klosterkirche
An die Wallfahrt rund um Kloster Oberzell schloss sich ein Gottesdienst mit Domkapitular Clemens Bieber, Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes, in der Klosterkirche an. „Wie der ‚ungläubige Thomas‘, dessen Gedenktag wir heute begehen, die Wundmale Jesu berühren musste, um zu glauben und damit mit ihm in Berührung kam, lade ich Sie ein, sich von diesem Ort und diesem Tag berühren zu lassen“, so Bieber. Durch die Arbeit in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendliche kämen die Teilnehmenden zudem immer wieder in Berührung mit dem Gegenüber, mit Schicksalen und dem Leben. Auch diese Erfahrung sei wertvoll und wichtig. „Wir müssen wieder zu einer Geh-hin-Kirche werden, um für die uns anvertrauten Menschen da sein zu können“, rief er den Wallfahrtsteilnehmerinnen und -teilnehmern zu. Gleichzeitig dankte er den Gekommenen für ihren Dienst und ihr Mittun in den Einrichtungen: „Dank sei Gott für ihren Dienst!“
Als Dank und um noch mehr miteinander in Berührung zu kommen, beschenkten sich die Gottesdienstbesucher diesem Aufruf folgenden anschließend gegenseitig mit blühenden Rosen, die Sr. Philippa und AGkE-Geschäftsführerin Sabrina Göpfert zuvor an alle verteilt hatten.
Abwechslungsreiches Nachmittagsangebot
Nach einem gemeinsamen Mittagessen im Kloster stand der Nachmittag der AGkE-Wallfahrt dann traditionell im Zeichen des Kennenlernens der gastgebenden Einrichtung. Dazu wurden sechs verschiedene Workshops angeboten, die unter anderem von einer Kräuterführung durch den Klostergarten über eine Klosterführung und ein Gesprächsangebot bis hin zu mediativem Tanz reichten. Auch hierzu hatten die Schwestern des Klosters Oberzell ein buntes und abwechslungsreiches Programm für ihre Gäste zusammengestellt, das von den Teilnehmenden begeistert angenommen wurde.
„Es war schön zu sehen, wie die Gemeinschaft auch nach dem Reisesegen am Ende noch die besondere Atmosphäre in Oberzell genossen hat“, resümierte Domkapitular Clemens Bieber am Ende der AGkE-Wallfahrt 2025.
Theresa Hepp