"Wir sind nicht das zufällige Produkt der Evolution. Jeder von uns ist die Frucht eines Gedanken Gottes. Jeder ist gewollt, jeder ist geliebt, jeder ist gebraucht". Mit diesen Worten von Papst Benedikt XVI. eröffnete Domkapitular Dietrich Seidel den Vinzenztag des Diözesan-Caritasverbandes in der Würzburger Don Bosco-Schule. Ca. 150 Gäste aus Politik und Kirche waren gekommen, um sich zum Caritas-Jahresthema "Achten statt ächten" auszutauschen.
Die Förderung benachteiligter Jugendlicher und der Abbau von Vorurteilen gegen sie sind Inhalte der Caritaskampagne. "Es geht um die Talente und Stärken, jeder hat sie", so Caritasdirektor Martin Pfriem bei seiner Begrüßung. Umrahmt von Tanzvorführungen des Antonia-Werr Zentrums St. Ludwig und der Video-Clip Dancing Gruppe des Don-Bosco-Berufsbildungswerks hielt Landes-Caritasdirektor Karl-Heinz Zerrle das Hauptreferat. Mit Zitaten über die respektlose, tyrannische und verantwortungslose Jugend mag er manchem Erwachsenen aus der Seele gesprochen haben. Nur - die Zitate stammten von den griechischen Philosophen Sokrates und Aristoteles und waren ca. 2.000 Jahre alt. "Dass die Jugend von heute immer schlimmer sei als die jeweilige Elterngeneration, wird gewiss seit Jahrhunderten beklagt". Zerrle warb eindringlich um Verständnis. "Die jungen Leute von heute mit ihren Pearcings - das sind wir vor vierzig Jahren". Pauschale Vorurteile gegen Jugendliche seien nicht gerechtfertigt, man müsse alle fördern und dürfe keinen zurücklassen. Es könne nicht hingenommen werden, dass im vergangenen Jahr in Unterfranken 426 Jugendliche keinen Hauptschulabschluss, in ganz Bayern 5.000 junge Menschen keinen Ausbildungsplatz bekommen hätten. Mangelnde Bildung hänge eng mit Armut zusammen. Über 130.000 Kinder unter 15 Jahren leben in Bayern in Hartz-IV Haushalten, viele, so Zerrle, würden diese Armut vererben.
Vinzenzpreis an sechs Preisträger
Höhepunkt der Veranstaltung war die Verleihung des Vinzenzpreises unter Moderation von Petra Langer vom Kirchenfunk. Unterfränkische Einrichtungen der Jugendhilfe hatten hierfür Projekte und Angebote für benachteiligte Jugendliche eingereicht. Die Urkunden übergaben die Caritasvorsitzenden Domkapitular Dietrich Seidel und Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm. Den ersten Preis und 1.500 Euro Preisgeld bekam die Johannes de la Salle-Schule Aschaffenburg für ihre "Kompetenzwerkstatt". In ihr werden Schüler von Förder- und Hauptschulen auf soziale Kompetenzen aufmerksam gemacht, die sie sich außerhalb der Schule angeeignet haben. In ihren Bewerbungen um Lehrstellen hatten sie diese Stärken bisher nie angegeben. Der Besuch der Kompetenzwerkstatt machte sich schnell bezahlt, mehrere Schüler bekamen Ausbildungsverträge. Da für weitere Kompetenzwerkstätten das Geld fehlte, initiierte die Schule eine kostenlose Fortbildung für achtzehn Sozialpädagogen und Lehrkräfte, die das Projekt berufsbegleitend und honorarfrei an neun Haupt- und Förderschulen durchführten.
Einen zweiten Preis mit 1.000 Euro bekamen die SymPaten - ein Gemeinschaftsprojekt der katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB), der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ), dem Treffpunkt Ehrenamt und des Förderkreises der Don Bosco-Berufsschule. SymPaten sind erwachsene Mentoren, die sich ehrenamtlich um benachteiligte Jugendliche kümmern und ihnen Sicherheit und Fähigkeiten im Alltag vermitteln. Ebenfalls einen zweiten Preis und 1.000 Preisgeld erhielt der Bund deutscher katholischer Jugend (BDKJ) Haßberge für sein Bildungswochenende "Mein Haus, mein Auto, meine Yacht". Hauptschüler von 14 bis 17 Jahren erhielten hier Handwerkszeug vermittelt, um sich selbst kennen zu lernen und Fähigkeiten und Stärken zu entwickeln.
Der mit 500 Euro ausgestattete 3. Preis ging an die Praxisklasse Rhön-Grabfeld der Edmund-Grom Volksschule Hohenroth. Hier bekommen lernschwache Schüler mithilfe intensiver pädagogischer Betreuung und praxisbezogener Ausbildung die Chance auf einen externen Hauptschulabschuss.
Neben den Jugendhilfeeinrichtungen wurden mit der Metzgerei Neugebauer aus Großeibstadt bei Bad Neustadt und Hensel & Partner Fahrzeugbau aus Waldbrunn bei Würzburg auch zwei Firmen ausgezeichnet. Hugo Neugebauer, seit zwei Jahren Präsident der Handwerkskammer Unterfranken, hat sich wie Heinz Hensel, aus dessen Ein-Mann-Karrosseriebaubetrieb ein mittelständisches Unternehmen zum Bau von Feuerwehrfahrzeugen geworden ist, immer für die Ausbildung und Förderung junger Menschen engagiert und dabei auch geringer qualifizierten Jugendlichen Chancen gegeben. Das Preisgeld in Höhe von 500 Euro schenkte Neugebauer, dessen Sohn Marco die Ehrung entgegen nahm, der Praxisklasse aus Hohenroth.