„Sie sind die Experten für das Ehrenamt“, begrüßte Domkapitular Clemens Bieber etwa 50 Entscheidungsträger und Fachkräfte aus Caritas und Pastoral zum Fachtag Ehrenamt im großen Seminarraum des Würzburger Caritashauses. Bewusst habe man den internationalen Tag des Ehrenamtes als Termin gewählt, weil ehrenamtliches Engagement in Kirche und Caritas eine ganz zentrale Rolle spiele. „Die Caritas bietet den Menschen viele bedarfsgerechte Angebote an und will dies auch in Zukunft tun“, führte Bieber aus und gab programmatisch die Richtung des Fachtages vor: „Wo stehen wir? Was sind die Stolpersteine und Herausforderungen? Und wo wollen wir hin mit dem Ehrenamt?“
Das Ehrenamt gewinne immer noch an Bedeutung, zeigte der Domkapitular anhand aktueller Pressemeldungen und Statistiken auf. An erster Stelle stünden zwar die Sportvereine, aber gleich danach kämen die beiden großen Kirchen, wenn es um die ehrenamtlich geleisteten Stunden gehe.
„Ich freue mich sehr, dass wir Prof. Isidor Baumgartner für diesen Fachtag gewinnen konnten“, begrüßte Bieber den Passauer Theologen und Pastoralpsychologen und dankte zugleich dem engagierten Team um Dr. Stefanie Kainzbauer und Klaus Korbmann für die umfangreichen Vorbereitungen. „Dieser Tag soll die Motivation stärken, denn das Ehrenamt ist unentbehrlich und unbezahlbar wertvoll für Caritas und Pastoral“, so Bieber.
Imagefilm Ehrenamt
Eigens auf diesen Tag hin erstellt und zur weiteren Nutzung empfohlen wurde der taufrische Imagefilm „Ehrenamt“ präsentiert. Er zeigt die Vielfalt des caritativen Engagements in Unterfranken und will Unentschlossene zum Mittun anstiften. Die Grundaussage ist klar: Ehrenamtliches Tun in Caritas und Pastoral ist vielfältig, sinn- und gemeinschaftsstiftend und macht Spaß. Es bringt Farbe ins Leben, in das eigene und das anderer Menschen.
Impulsreferat von Prof. Dr. Isidor Baumgartner
Seine Referat stellte der Theologe unter den Titel „Ehrenamtliches Engagement als Herausforderung für Caritas und Pastoral – Überlegungen zur christlichen Logik des Ehrenamtes“. Baumgartner vollzog mit den Zuhörerinnen und Zuhörern einen Perspektivenwechsel und machte mit Blick auf die biblischen Quellen deutlich, dass ehrenamtliches Engagement die Urform und Matrix christlichen Handelns ist. Das bezahlte Hauptamt habe sich erst in der Folge entwickelt. Heute sei das Ehrenamt erneut großen Wandlungen unterworfen, denn der gesellschaftliche Kontext habe sich in den letzten Jahrzehnten radikal verändert. Allerdings gebe es immer noch das große Missverständnis, das Ehrenamt sei Anhängsel des Hauptamtes und fungiere dort als Lückenbüßer, wo finanzielle Mittel gespart werden sollen. „Ehrenamt und Hauptamt ergänzen einander“, so Baumgartner. Hier stünde nicht der ökonomische Nutzen, sondern der theologisch begründete Auftrag im Mittelpunkt. Erst damit bekomme das Ehrenamt eine spezifisch christliche Note. Die Theologie des Ehrenamtes sieht in ihm ein Charisma, eine gottgeschenkte und geistvermittelte Gnadengabe. Sie hinterfragt die hauptamtlichen Strukturen der Kirche und zeigt neue Möglichkeiten auf. Im Gegensatz zur Ökonomisierung aller Lebensbereiche ist christlich verstandenes Ehrenamt nicht Tausch, sondern Gabe, denn christlich gedeutet ist das Leben selbst auch ein Geschenk Gottes. Und gegen den Trend der Vereinzelung sucht christliches Ehrenamt die Gemeinschaft (Synodalität). Überdies gelte für das christliche Profil des Ehrenamtes: „Person vor Institution! Die Person darf niemals für Zwecke der Institution geopfert, niemals Mittel zum Zweck und damit zum Objekt gemacht werden.“ Damit, so Baumgartner, stünden die Freiheit und Würde der Person immer im Zentrum.
Christliches Ehrenamt sei nicht zuerst eine Angelegenheit der rechten Lehre, der Orthodoxie, sondern des rechten Tuns, der Orthopraxie, unterstrich Baumgartner.
Konkretisierung in Kleingruppen
Ausgehend von den fundierten und zum Weiterdenken anregenden Impulsen, die Prof. Dr. Isidor Baumgartner dem aufmerksamen Publikum mit auf den Weg gegeben hat, konzentrierte sich die Arbeit in den Kleingruppen auf ganz konkrete Fragestellungen. Wie lassen sich heute Menschen für ein christlich profiliertes Ehrenamt in Caritas und Pastoral gewinnen? Wie kann eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung entwickelt bzw. weiterentwickelt werden? Was brauchen ehrenamtlich engagierte Menschen, damit sie ihr Charisma fruchtbar werden lassen können? Was brauchen die Hauptamtlichen, damit die Kooperation von Haupt- und Ehrenamt gedeihlich wachsen kann?
Fragen und Erfahrungen konnten ausgetauscht, Herausforderungen thematisiert und Lösungen angedacht werden. Im Plenum wurden die Resultate gebündelt.
Ausblick
Abschließend gab Prof. Baumgartner zu bedenken, dass es nicht die Idee sei, durch das Ehrenamt Ressourcen einzusparen. „Wer sich auf das Ehrenamt einlässt, hat nicht weniger, sondern mehr Arbeit. Pastoral und Caritas sind aber ohne das Ehrenamt als Gabe nicht denkbar. Sie bleiben die Urform christlichen Engagements.“ Ehrenamt brauche Unterstützung und Struktur und das brauche Personal und Finanzmittel. „Wo es kein Personal für das Ehrenamt gibt und kein Budget vorhanden ist, wird ehrenamtliches Engagement nicht gelingen.“
Mehrheitlich wurde betont, dass es wertvolle Stunden waren, die diesen internationalen Tag des Ehrenamtes auch zu einem besonderen Tag für das Ehrenamt der unterfränkischen Caritas und Pastoral haben werden lassen. „Baumgartner ist der Perspektivenwechsel gelungen. Ich sehe jetzt manches mit anderen Augen“, war zu hören. Andere lobten den kollegialen Austausch in den Kleingruppen und die Impulse für die praktische Arbeit.
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