An diesem Freitag zeigt sich das Wetter von seiner schönsten Seite. Schon am frühen Morgen strahlt die Sonne vom blauen Himmel. Im Kurpark ertönt vielstimmiger Vogelgesang aus alten Baumkronen. Nach regnerischen Tagen liegt Frühling in der Luft. Alles ist vorbereitet für die mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 3. Pflegekongresses der unterfränkischen Caritas. Zuvor in Würzburg findet dieses Treffen nun erstmals im Caritas-Kurhaus Bad Bocklet statt.
Willkommen in Bad Bocklet
„Wir wollen diesen wunderbaren Ort wieder bekannter machen“, unterstreicht Georg Sperrle, als Geschäftsführer der Caritas-Einrichtungen gGmbH auch für das Kurhaus zuständig, in seiner Begrüßung. Im großen Saal sind alle Stühle besetzt. Pflegekräfte, Einrichtungsleitungen und Verantwortliche der Caritas füllen die Reihen. Mit dabei auch Caritasdirektorin Pia Theresia Franke und Andreas Sandwall, Bürgermeister von Bad Bocklet.
Florence Nightingale wäre am Sonntag 199 Jahre alt geworden. Deshalb habe man diesen Termin gewählt und ist damit ganz nah am internationalen Tag der Pflege, so Sperrle. „Pflege verdient noch mehr Respekt und Anerkennung.“ Sperrle lädt ein, sich hier und jetzt an der Power Challenge „1min.care“ zu beteiligen. Und die Pflegekräfte ziehen mit. Nach dem kurzen Aktionsvideo klatschen sie für eine Minute, stehen auf, klatschen weiter und werden immer lauter. „Wir schicken diesen Applaus allen, die sich rund um die Uhr für Patientinnen und Patienten in der Pflege einsetzen“, erklärt Sperrle. Und wünscht, die gute Stimmung möge alle durch den Pflegekongress begleiten.
Sich selbst etwas gönnen
„Tue deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, in ihm zu wohnen.“ Mit diesem Zitat der Heiligen Teresa von Avila begrüßt Domkapitular Clemens Bieber, Vorsitzender des Caritasverbands für die Diözese Würzburg die Frauen und Männer aus Sozialstationen, Pflegediensten und Senioreneinrichtungen. Sein Dank gelte denen, die in der Pflege aktiv seien. Für diese Menschen solle Bad Bocklet zukünftig eine große Rolle spielen. „Ich bin dankbar für die Idee von Barbara Stamm, die uns 2013 vorschlug, das traditionsreiche Kurhaus Bad Bocklet zu einer Quelle für Menschen in pflegerischen Berufen zu machen“, so Bieber. Seither sei viel Geld vom Freistaat geflossen, um zu modernisieren. „Bad Bocklet war und ist ein Ort zum Auftanken“, sagt Bieber. Dann seien die Ergebnisse der großen Würzburg-Studie hinzugekommen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Bereichen der Caritas wurden anonym befragt, aus welchen Quellen sie Kraft schöpften und lebten. „Wir nehmen die Ergebnisse ernst und fragen uns, was Menschen brauchen, um ihren Dienst gut verrichten zu können. Bad Bocklet und seine Angebote für Leib und Seele wollen insbesondere die Pflegekräfte begleiten und stärken.“
Die inneren Quellen
Was sind die inneren Quellen und wie kommen wir an sie ran? Das sind die leitenden Fragen im Vortrag von Pater Anselm Grün. Jeder im Raum kennt den Benediktiner aus Münsterschwarzach, dem es gelingt, seine Zuhörer vom ersten Augenblick an mitzunehmen. „Wer viel für andere sorgt, der lebt immer in der Gefahr, sich selbst zu vernachlässigen, zu vergessen“, bringt es der Mönch auf den Punkt und beglückwünscht die Teilnehmer zu diesem Tag, den sie sich selbst schenken. Anselm Grün spricht über die trügerischen und trüben Quellen und über die klare des Heiligen Geistes. Natur, Stille, Meditation, Gebet, Gesang und feste Rituale seien einige Möglichkeiten, um an die inneren Quellen zu gelangen und aus ihnen zu schöpfen. Doch sei dies manchmal wie mit dem Schatz im Acker, von dem die Bibel berichtet. „Wir müssen uns die Hände schmutzig machen, wenn wir ranwollen“, sagt der Mönch. Doch in jedem Menschen gebe es diesen Schatz, die selbsttherapeutische Kraft, aus der heraus jeder seine Haltung ändern könne. „Niemand soll sich in einer Opferrolle einrichten, sonst wird er mit seinen Aggressionen selbst zum Täter für andere.“ Pater Anselm Grün schlägt vor, mit positiven Bildern zu leben, die den Menschen von innen her aufrichten. Am Ende ist der Raum erfüllt mit vielen Impulsen, Anekdoten, Vorschlägen und Bildern, die das Leben leichter machen. Dies alles sprudelt aus dem Mönch und Autor hervor. „Es reicht, wenn sie nur ein wenig von dem mitnehmen. Ich wünsche ihnen einen guten und gesegneten Tag hier in Bad Bocklet.“
„Wir haben uns eine Pause verdient“, meint ein Sitznachbar. Bei Kaffee und Kuchen stärken sich die Leute und sind dankbar für die herzliche Begrüßung und die wertvollen Impulse. Einige geben zu, Bad Bocklet gar nicht gekannt zu haben und sind angetan vom Ambiente der weitläufigen Kurhausanlage.
Tradition und Zukunft
„Im Jahre 1724 wurde die Heilquelle entdeckt.“ Georg Sperrle gibt nach der Pause einen Einblick in Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Kurhauses. Bocklet, das erst seit 1937 den Titel „Bad“ trägt, habe Hochzeiten und Flauten durchlebt. „Seit einigen Jahren entwickelt sich das Kurhaus sehr gut zu einer Quelle der Erholung für seine Gäste.“ Der Ort habe Stärken, die es nun zu verknüpfen gelte mit den neuen Stärken des Kurhauses. „Wir haben hier eine wunderbare Natur, Wälder und Wasser, ein mildes und sauerstoffreiches Klima und viel Ruhe. Jetzt kommen die passenden Angebote im Hause hinzu, die sich mit dem großen Wort Spiritualität verbinden.“ Man wolle, so Sperrle keine katholische Kaderschmiede, sondern den Menschen Angebote machen, um ihre inneren Quellen neu zu entdecken.
Lorenz Wohanka spricht über die Möglichkeit, für eine Woche nach Bad Bocklet und an seine eigenen Quellen kommen zu können. Wohanka und Hildegard Bohlig begleiten die Caritas seit geraumer Zeit bei der Entwicklung konkreter Angebote. „Niemand soll hier überfrachtet werden. Sie sollen hier Ruhe finden und das Leben genießen können. Zwei Stunden pro Tag soll es Trainings geben zum Beispiel zur Entspannung.“
Da bleibt Michael Biermeier vom Fachbereich Bildung der Caritas nur, sich seinen Vorrednern anzuschließen, um dann für das Projekt „Cura“ zu werben. „Uns geht es im Anschluss an die Würzburg-Studie darum, gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Caritas die Vielfalt der Spiritualitäten als Ressource zu entdecken“, so Biermeier. „Wir sind dabei, Angebote zu entwickeln und werden 2021 loslegen.“
Sich selbst etwas Gutes tun
Sie schwärmen aus in die vielen Häuser am Kurpark. Zur Auswahl stehen 15 Workshops, in denen gesungen, gekocht, geredet, getanzt, meditiert und geübt wird. Yoga in unterschiedlichen Ausformungen, Gymnastik nach Pilates, Tango und TrophoTraining, Kneipp und Ayurveda-Anwendungen. Eine bunte Mischung aus Bekanntem und Exotischem. „Ich habe mir schon vorher genau überlegt, was ich mal ausprobieren will“, meint eine Teilnehmerin. Das Organisationsteam der Caritas hat Wegweiser aufgestellt und unterstützt, damit jede und jeder den zugedachten Ort auf dem Gelände findet.
Und das Personal im Kurhaus?
Während sich die Teilnehmer am gemeinsamen Singen erfreuen oder auf Yoga-Matten Platz genommen haben, ackern die Männer und Frauen vom Service, um das reichhaltige Mittagessen herzurichten. „Auch das ist eine Quelle“, meint Uli Dickas, Hoteldirektor des Kurhauses und damit zuständig für knapp 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich um das Wohl der Gäste sorgen. Und es wird vorzüglich. Geistig gestärkt kommen die Teilnehmer und werden von einem großen Buffett empfangen. Lachs, Spargel, Kartoffelvariationen, Suppen und Salate und eine große Vielfalt an Süßspeisen. An diesem Tag scheint alles zu passen: ein guter Ort, gute Impulse, gute Workshops, gutes Essen und sogar das Wetter spielt weiterhin mit.
Auf zur zweiten Runde
Viele nutzen die Mittagspause, um das Gelände und die Gegend zu erkunden. Der große Park lädt zum Spaziergang, Bänke und Stühle zum Ausruhen ein. Doch dann beginnt schon die zweite Runde der Workshops. Wer am Vormittag Yoga ausprobiert hat, befasst sich am Nachmittag mit christlicher Meditation oder mit dem Thema „Selbstermutigung“. Andere lassen sich mit Massagen und Anwendungen verwöhnen. Wieder sehr gut besucht ist das Angebot „Humor in der Pflege“.
Die Stunden des 3. Caritas-Pflegekongresses fliegen nur so dahin. Weil das Wetter es sehr gut mit den Gästen meint, findet die Kaffee- und Kuchenpause im Freien statt. Groß scheint an diesem Tag das Rede- und Austauschbedürfnis zu sein.
Geistlicher Abschluss
Dann lädt Pfarrer Matthias Karwath zu einem abschließenden Impuls ein. Aber eigentlich ist es gar kein Abschluss, sondern eher ein Aufbruch. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer singen laut mit, hören biblische und spirituelle Texte, tauschen sich dazu aus und segnen einander für ihren Dienst, für ihren weiteren Weg. Karwath, Seelsorger im Kurhaus, macht deutlich, dass sich die drei Formen der Liebe, Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe wechselseitig bedingen. „Wir sprechen aber viel zu wenig über die Selbstliebe“, sagt der Geistliche und grenzt diese dann ab gegen Selbstverliebtheit und Egoismus. Hinterher meint ein Pfleger: „Das war ein richtig guter Impuls, und der alte Text von Bernhard von Clairvaux spricht mich tatsächlich an.“ Dort heißt es: „Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle. Wenn nicht, schone dich selbst.“
Gelungener Tag
„Kommen Sie gut heim, und nehmen Sie etwas aus Bad Bocklet und aus diesem Tag mit“, verabschiedet Georg Sperrle die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 3. Caritas-Pflegekongresses. In zwei Jahren sei der nächste Kongress geplant; dann wieder im Caritas-Kurhaus in Bad Bocklet. Doch bevor die Reihen sich lichten ruft Sperrle das große Team auf die Bühne, Vorbereiter und Organisatoren nebst Referentinnen und Referenten. „So eine Veranstaltung gelingt, weil viele Hand in Hand arbeiten – Danke.“ Dank gelte auch der Caritasstiftung Würzburg, die den Kongress großzügig bezuschusst habe.
„Das war ein wunderbarer Tag“, sagt eine Pflegerin zum Abschied. Sie habe nicht nur einen neuen Ort, sondern sich selbst ein Stück neu entdeckt. Und ein anderer meint: „An das Heilwasser aus der Stahlquelle muss man sich gewöhnen, aber Bad Bocklet ist auch so eine echte Quelle.“
Für knapp einhundert Gäste endet der Tag mit einer abendlichen Weinprobe und fränkischer Brotzeit. So ist bei edlen Tropfen vom Weingut Baldauf und mit Musik von Travis (aus Wunsiedel) Gelegenheit zum weiteren Austausch und Ausklang eines rundum gelungenen Tages.