Unter dem Wort „Sterben auf dem Weg der Hoffnung“, erinnerten Christinnen und Christen aus mehreren Nationen an das große Leid und das anhaltende Unrecht, das Flüchtlingen auf ihrem Weg in eine bessere Zukunft widerfahren ist und immer noch widerfährt. Zum ökumenischen Gebetsgottesdienst eingeladen hatte die internationale Glaubensgemeinschaft Sant’Egidio, die sich seit Jahrzehnten für Solidarität und Völkerverständigung und angesichts wachsender Flüchtlingsbewegungen für humanitäre Korridore und legale Fluchtwege einsetzt. Ins Gotteshaus auf dem Würzburger Marktplatz kamen auch Vertreterinnen und Vertreter der Caritas, der Asylseelsorge im Bistum Würzburg, der Diakonie, der Oberzeller Franziskanerinnen und des Ausländer- und Integrationsbeirates der Stadt Würzburg.
Texte, Lieder, Gebete und Symbole machten in der Liturgie deutlich: Es braucht das Engagement jedes Einzelnen und der Gesellschaft insgesamt. Dies betonte auch Domkapitular Clemens Bieber, Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Würzburg, in seiner eindrücklichen Predigt. Angesichts einer durchökonomisierten Welt fragte er: „Wo ist die Lobby für die Menschen auf der Flucht?“ Bieber erinnerte daran, dass gegenwärtig mehr als 82 Mio. Menschen auf der Suche nach Asyl seien. „Was die Menschen brauchen, ist Solidarität.“ Solidarität sei die Grundlage für ein friedliches Miteinander. Stattdessen würden sich weltweit und in Europa neue Blöcke und Spaltungen auftun. Asylsuchende würden kriminalisiert und ausgegrenzt. „Wenn unser menschliches Herz durch die Not der Leute gerührt ist, dann werden wir anders über sie denken und reden.“ Zugleich mahnte Bieber, die Politik möge in Sachen Entwicklungshilfe den großen Worten auch Taten folgen lassen, um Fluchtursachen einzudämmen. Man habe schnell den Eindruck, dass es zuallererst um wirtschaftliche Interessen in dieser Welt gehe. „Warum ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, ein großes internationales Sportereignis zu nutzen, um vor der an den Bildschirmen versammelten Weltöffentlichkeit auf die Not der unzähligen Menschen in aller Welt oder auch auf Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen und ebenso auf die Menschen auf der Flucht?“
Die Namen von auf der Flucht verstorbenen Frauen und Männern, Kindern und Jugendlichen wurden stellvertretend für die Zehntausenden Toten verlesen, die in den zurückliegenden Jahren ihr Leben auf der Flucht lassen mussten. Für sie und die Namenlosen wurden Kerzen entzündet und Fürbitte gehalten. Musikalisch gestaltet wurde die Gebetswache von Mitgliedern der Gemeinschaft Sant’Egidio. Am Altar standen mit Domkapitular Clemens Bieber, Pfarrer Dr. Matthias Leineweber, die evangelische Pfarrerin Angelika Wagner und weitere Geistliche, die sich der Gemeinschaft Sant’Egidio und ihren Anliegen verbunden fühlen.
Sebastian Schoknecht