Wer Antonino Pecoraro zuhört, hat schnell den Eindruck, in einem spannenden Roman unterwegs zu sein. So erlebte es an diesem Montag auch die Leitungskonferenz im Würzburger Caritashaus. Vorstand und Abteilungsleitungen hatten Pecoraro zur Ehrung und Verabschiedung eingeladen, und der erzählte Spannendes aus seinem bewegten Leben.
1955 auf Sizilien geboren, suchte Antonino Pecoraro nach dem Schulabschluss sein Glück mit einem Radiosender. „Wir waren damals ein paar Freunde, die ehrenamtlich einen Sender aufbauten. Ich habe mich um die Werbung gekümmert und war richtig gut.“ Aber leben habe man davon nicht können. Pecoraro ging zum Militär und schließlich, es war im Jahr 1979, nach Deutschland. „Alle hatten einen Gasarbeiter in der Familie, aber über Deutschland wussten wir dennoch nur wenig: Die Deutschen essen gerne Zwiebeln und Schweinefüße.“ Wer aus Sizilien komme, für den sei Europa sehr weit weg. „Man muss sich das mal vor Augen halten. Bis zur Grenze Italiens im Norden sind es 1.600 Kilometer.“ In Worms wurde Pecoraro Eisverkäufer und lernte mit jeder Kugel, die damals 20 Pfennige kostete, Deutsch. Auch in einer Ziegelei habe er geschuftet und in schlichten Unterkünften für Gastarbeiter im 4-Bett-Zimmer gewohnt. Dann ging es weiter nach Würzburg. Bekannte hätten von der Stadt am Main geschwärmt. „Und sie hatten Recht.“ Pecoraro ging zur Main-Post und 1996 für Bündnis 90 / Die Grünen als Stadtrat in die Kommunalpolitik. Dort sei er bis heute engagiert. „Vorher war ich im Ausländerbeirat. Das fanden die Grünen damals interessant. Aber ich habe denen gleich gesagt, dass ich nicht der Quotenausländer sein werde.“ Auch das liege nun schon Jahrzehnte zurück. Nein, nach Sizilien wolle er nicht mehr, „dafür bin ich schon zu sehr Würzburger, und der Frankenwein ist in den letzten Jahrzehnten auch viel besser geworden in der Qualität.“
Mit seinen Erfahrungen kam Antonino Pecoraro 2003 zur Flüchtlingsarbeit der Caritas. „Ich kann mich gut in Menschen hineinversetzen, die ihre Heimat hinter sich gelassen haben.“ 16 Jahre lang hat Pecoraro Asylsuchende und Migranten beraten, zuletzt in der großen Gemeinschaftsunterkunft in der Veitshöchheimerstraße. Vor wenigen Wochen hat für ihn der Ruhestand begonnen.
„Wir danken Ihnen ganz herzlich für die engagierte Mitarbeit im Caritasverband für die Diözese Würzburg“, sagte Caritasdirektorin Pia Theresia Franke und überreichte Antonino Pecoraro Urkunde und das Ehrenzeichen in Silber des Deutschen Caritasverbandes. „Zum Glück ist die Anstecknadel leicht“, scherzte der frischgebackene Ruheständler. Er habe schon sehr viele Orden, und die von seinem liebsten Karnevalsverein aus der Zellerau seien richtig schwer. Keine Frage: Pecoraros Herz schlägt deutsch und italienisch, fränkisch und sizilianisch zugleich.
Sebastian Schoknecht