Bereits bei der Begrüßung mit anschließender Hygienebelehrung sowie in der Präsentation des Tätigkeitsberichts des Vorstandes für das vergangene Jahr war unübersehbar, dass die laufende Anpassung der Arbeitsverhältnisse an die pandemiebedingten Umstände und damit verbundene mitbestimmungsrechtliche Notwendigkeiten einen Großteil des „MAV-Alltags“ vor Ort in den Einrichtungen prägten.
In dem Vortrag des renommierten Theologen und Wirtschaftswissenschaftlers, Jesuiten-Pater Friedhelm Hengsbach mit der Überschrift „Wachsender Druck auf die kirchlichen Mitarbeitervertretungen – vor den Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ wurde deutlich, dass nicht nur die aktuelle Pandemie, sondern auch das sich durch die Rechtsprechung der vergangenen Jahre verändernde kirchliche Arbeitsrecht einerseits den Druck auf die kirchlichen Mitarbeitervertretungen erhöhen, andererseits auch deren Kompetenzen und Zuständigkeiten erweitern. Wissenschaftlich fundiert und geschichtlich aufgearbeitet stellte der Referent seine im Vortragstitel formulierte These über den wachsenden Druck auf die kirchlichen Mitarbeitervertretungen in drei Schritten vor. In der Entwicklung der Mitarbeitervertretung (MAV) und der Gründung Diözesaner Arbeitsgemeinschaften der MAVen sah der Redner eine durchaus erfolgreiche Interessenvertretung der Beschäftigten. Gleichzeitig stellte er mitunter durch Kommerzialisierung, Kostendruck, gerichtliche Entscheidungen einen wachsenden Druck auf kirchliche Arbeitsverhältnisse fest. Im dritten Schritt präsentierte er verschiedene Aspekte und Ansätze, was paritätisch fairer Druckausgleich beinhaltet und wie dieser erreicht werden könnte. Die Motivation und Bestärkung der Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung durch die Mitarbeitervertretungen wurde den Versammelten durch den hochkarätigen Referenten zugesprochen. Immerhin wirkte Pater Hengsbach bis zu seiner Emeritierung an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen (Frankfurt am Main) und hatte dort den Lehrstuhl für christliche Gesellschaftsethik inne. Zudem war er Leiter des Nell-Breuning-Instituts in Frankfurt am Main. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte waren und sind: Theorie demokratischer Marktwirtschaften, Wirtschafts- und Arbeitsethik, soziale Sicherungssysteme. Er ist ein kritischer Beobachter und Begleiter des kirchlichen Arbeitsrechts.
Der Referent erinnerte daran, dass – im Gegensatz zum staatlichen Arbeitsrecht – im kirchlichen Bereich gilt, dass in jeder Einrichtung eine MAV vorhanden sein muss. Dass diese idealtypische Formulierung ein Ziel und nicht die Realität beschreibt fordere weitere Anstrengungen. Das betrifft auch die (An-)Forderungen durch die besonderen, in der sogenannten Grundordnung vorgesehenen Loyalitätsverpflichtungen im kirchlichen und somit auch im Bereich der Caritas. „Wo Caritas draufsteht – muss Caritas drin sein“. Dies spiegelt sich vor allem in der täglichen Zusammenarbeit, der Professionalität der Mitarbeitenden, dem Arbeitsklima wider und nicht in den Taufbekenntnissen der Beschäftigten. Die Ziele des „Unternehmens“ müssen nach innen und außen verständlich gemacht werden.
Neue Tarifrunde
In den Berichten der Vorstandsmitglieder aus deren Tätigkeit in verschiedenen Gremien wurde auch auf die aktuelle Tarifrunde im öffentlichen Dienst hingewiesen. Die Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes schloss sich durch den in einer Videokonferenz gefassten Beschluss den Forderungen von ver.di in der laufenden Tarifrunde 2020 an. Einstimmig unterstützt die Mitgliederversammlung der DiAG MAV B Würzburg diesen Beschluss der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes und fordert die Vertreter der Regionalkommission Bayern sowie den Vertreter der Bundeskommission auf, die Tarifforderungen in den Verhandlungen zu vertreten. Gleichzeitig solidarisiert sich die Mitgliederversammlung der DiAG MAV B Würzburg mit den die Tarifforderungen unterstützenden Aktionen der Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst – so die Resolution und Solidaritätsbekundung der DiAG-Mitgliederversammlung.
Für die weitere Tätigkeit in den Einrichtungen der Caritas konnten die Mitarbeitervertretende einen Satz des Referenten mitnehmen, der gut den Sinn der Arbeit vor Ort definiert: „Die erste Liturgie wird in der Hinwendung zum Nächsten und dem Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden ‚gefeiert‘.“ Das betrifft sowohl die Patienten, Klienten und Versorgten der caritativen „Betriebe“ als auch das Verhältnis in der Belegschaft und zwischen den Mitarbeitenden und den Vorgesetzen.
DiAG MAV B / Sabine Werner